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Brühl
Brühl 〈m. 1Sumpfland [<ahd. bruil, broil „Aue“ <gall. *brogilo; zu *broga „Acker“; verwandt mit Mark „Grenzgebiet“; → Bruch2]

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I
Brühl,
 
1) Gemeinde im Rhein-Neckar-Kreis, Baden-Württemberg, 105 m über dem Meeresspiegel, in der Oberrheinebene, 14 200 Einwohner; Wohngemeinde im Einzugsbereich von Mannheim, Heidelberg und Speyer; elektrotechnische und Holz verarbeitende Industrie.
 
 
 2) Stadt im Erftkreis, Nordrhein-Westfalen, südwestlich von Köln am Ostrand der Ville, 45 000 Einwohner; Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Bundesfinanzakademie, Personenstandsarchiv des Landes Nordrhein-Westfalen; Freizeitpark Phantasialand; Eisen-, Papier-, chemische und Genussmittelindustrie.
 
Stadtbild:
 
Das Schloss Augustusburg, eine ehemalige Wasserburg (1288 errichtet, 1689 zerstört), wurde als Sommerresidenz unter Kurfürst Klemens August 1725-28 von J. C. Schlaun begonnen und mit der Neuorientierung zum südlichen Garten von F. de Cuvilliés der Ältere fortgeführt (vollendet 1770). Das Treppenhaus von J. B. Neumann (1744-48), im Rokokostil entworfen, ist eines der großartigsten in Europa. Im Park entstand 1729-40 das Jagdschlösschen Falkenlust nach Plänen von Cuvilliés. Die UNESCO erklärte die Schlösser zum Weltkulturerbe.
 
Geschichte:
 
Die Erzbischöfe von Köln ließen im Kernland des Erzstifts um 1180 einen Burghof und 1288 eine Wasserburg errichten. Die Siedlung an der Burg wurde 1285 zu einer Stadt mit gitterförmigem Grundriss erweitert. Das in und um Brühl vorherrschende Töpferhandwerk war vom 12. bis 17. Jahrhundert von überregionaler Bedeutung. 1730-1986 Braunkohleabbau. Im 18. Jahrhundert erlangte Brühl als kurkölnische Nebenresidenz eine neue Blüte. 1815 kam es an Preußen.
 
 
Literatur:
 
W. Hansmann: Stadt B. (1977);
 W. Hansmann: u. G. Knopp: Schloß B. Die kurköln. Residenz Augustusburg u. Schloß Falkenlust (1982).
 
II
Brühl,
 
thüringisches Adelsgeschlecht, seit 1344 bezeugt, namentlich in Sachsen und der Niederlausitz angesessen, 1737/38 Reichsgrafen. Bekannt v. a.:
 
 1) Alois Friedrich Graf von, * Dresden 31. 7. 1739, ✝ Berlin 31. 1. 1793, Sohn von 2); war Krongeneralfeldzeugmeister und Gouverneur von Warschau, verlor aber seine Ämter nach dem Tod Augusts III. Er schrieb für die Privatbühnen seiner Herrschaft Pförten (Niederlausitz) Lustspiele (»Theatralische Belustigungen«, 5 Bände, 1785-90).
 
 2) Heinrich Graf von, kursächsischer Staatsmann, * Gangloffsömmern (bei Sömmerda) 13. 8. 1700, ✝ Dresden 28. 10. 1763, Vater von 1); trat 1720 in den Dienst von August II., dem Starken, und wurde in schnellem Aufstieg trotz mangelnder Bildung 1733 Präsident des Kammerwesens und der Bergwerke sowie 1746 Premierminister unter August III., den er völlig beherrschte. Es gelang ihm, alle wichtigen Staatsämter in seiner Hand zu vereinigen. Er erschloss immer neue Geldquellen und erwarb großen persönlichen Reichtum (Bau von Palästen und Anlage von Gärten, darunter Brühlsches Palais und Brühlsche Terrasse in Dresden), während die Staatsverwaltung in Polen-Sachsen verfiel. Die Dresdener Kunstsammlung erlangte durch ihn Weltruhm; die Meißener Porzellanmanufaktur förderte er (seit 1733/39 Oberdirektor) durch die Berufung J. J. Kändlers (1731).
 
 
Literatur:
 
L. Baum: H. Graf v. B. als Mensch u. Christ (1967);
 W. Fellmann: H. Graf B. (Leipzig 21990);
 D. Vogel: Wahre Geschichten um Graf B. (1995).
 
 3) Karl Moritz Graf von, * Pförten, bei Forst (Lausitz) 18. 5. 1772, ✝ Berlin 9. 8. 1837, Enkel von 2); kam 1798 ans Weimarer Privattheater und leitete 1815-28 das Berliner Königliche Schauspiel. Hier bemühte er sich besonders um die historisch echte Ausstattung.
 

Universal-Lexikon. 2012.