Akademik

Hindenburg
I
Hịndenburg,
 
1915-45 Name der polnischen Stadt Zabrze.
II
Hịndenburg,
 
1) Carl Friedrich, Mathematiker, * Leipzig 13. 7. 1741, ✝ ebenda 17. 3. 1808; ab 1781 Professor in Leipzig. Hindenburg gilt als Begründer der »kombinatorischen Schule«, die bis ins 19. Jahrhundert hinein die akademische Mathematik in Deutschland stark beeinflusste. Hindenburg sah die Kombinatorik als zentrale Disziplin der Mathematik an, auf die man alle anderen Gebiete zurückführen könne. Sein bekanntestes Werk war »Der polynomische Lehrsatz, das wichtigste Theorem der ganzen Analysis« (1796). Hindenburg gründete die ersten mathematisch-naturwissenschaftlichen Zeitschriften Deutschlands (»Leipziger Magazin zur Naturkunde, Mathematik, Oekonomie«, 1781-88; »Leipziger Magazin zur reinen und angewandten Mathematik«, 1786-88) und gab zwischen 1794 und 1801 das »Archiv der reinen und angewandten Mathematik« heraus.
 
 2) Paul von, eigentlich P. von Bẹneckendorff und Hindenburg, Generalfeldmarschall (seit 1914) und Reichspräsident (seit 1925), * Posen 2. 10. 1847, ✝ Neudeck (Westpreußen) 2. 8. 1934. Nach der Teilnahme an den Kriegen von 1866 und 1870/71 stieg Hindenburg bis zum Kommandierenden General des IV. Armeekorps in Magdeburg auf (1903). 1911 nahm er seinen Abschied. In der Anfangsphase des Ersten Weltkriegs wurde Hindenburg am 22. 8. 1914 Oberbefehlshaber der 8. Armee in Ostpreußen (Generalstabschef: E. Ludendorff), die die Truppen der russischen Nordwestfront bei Tannenberg und an den Masurischen Seen schlug. Nach weiteren Siegen als »Oberbefehlshaber Ost« (seit 1. 11. 1914, Ernennung zum Generalfeldmarschall am 27. 11.) wurde Hindenburg zum volkstümlichsten deutschen Heerführer des Ersten Weltkriegs. Am 29. 8. 1916 übernahm er als Chef des Generalstabs des Feldheeres mit Ludendorff als Erstem Generalquartiermeister die 3. Oberste Heeresleitung (OHL), die in der Folge fast uneingeschränkt die strategische Leitung des Krieges innehatte, weitgehend die Kriegsziele bestimmte und im Juli 1917 entscheidend zum Sturz des Reichskanzlers T. von Bethmann Hollweg beitrug. Im Innern richtete sich die Politik der 3. OHL v. a. auf die Mobilisierung aller Kräfte (Hilfsdienstgesetz, Hindenburg-Programm). Um die monarchische Staatsform zu retten, befürwortete Hindenburg im November 1918 den Übertritt des Kaisers in die Niederlande. Nach dem Waffenstillstand leitete er mit W. Groener als Nachfolger Ludendorffs den Rückmarsch des Heeres und legte nach Unterzeichnung des Versailler Vertrages sein Kommando nieder.
 
Nach dem Tode des Reichspräsidenten F. Ebert (28. 2. 1925) stellten die vereinigten Rechtsparteien (Deutschnationale Volkspartei und Deutsche Volkspartei) Hindenburg als ihren Kandidaten für den zweiten Wahlgang (April 1925) zur Wahl des Reichspräsidenten auf. Mit einer (relativen) Mehrheit von 14,6 Mio. Stimmen wählte ihn die Bevölkerung zum Reichspräsidenten; persönlich der Monarchie zuneigend, stand er dem republikanischen Staat und seinem parlamentarisch-demokratischen System von Anfang an misstrauisch gegenüber. Bestärkt von General K. von Schleicher verfolgte Hindenburg schon 1926/27 den Gedanken, ein vom Reichstag unabhängiges, auf den Artikel 48 der Weimarer Reichs-Verfassung sich stützendes Präsidialkabinett zu bilden (»Hindenburg-Kabinette«). Nach dem Sturz der »großen Koalition« (1930) unter H. Müller (SPD) vollzog er mit der Berufung H. Brünings zum Reichskanzler den Übergang zum Präsidialregime. Er suchte fortan nur mit Kabinetten rechts von der SPD zu regieren; ein besonderes Anliegen war ihm, auf dem Weg staatlicher Subventionierung die Probleme der ostdeutschen (Groß-)Landwirtschaft zu lösen. Mit der Entwicklung der ökonomischen zur politischen Krise der Weimarer Republik (1931/32) wurden vonseiten großer Teile des Bürgertums in Hindenburg große Hoffnungen gesetzt, die Verfassung gegen den anwachsenden Nationalsozialismus zu verteidigen. Auf Initiative Brünings als Kandidat der Parteien der rechten Mitte und der Sozialdemokraten für die Reichspräsidentenwahlen 1932 gegen Hitler und E. Thälmann aufgestellt, siegte Hindenburg im zweiten Wahlgang (10. 4.) mit 19,3 Mio. Stimmen (53 %). Beeinflusst durch Schleicher und großagrarisch-konservative Kreise, entließ er Brüning aus dem Amt des Reichskanzlers, da dieser zunehmend mithilfe der SPD seine Politik durchzusetzen versuchte. Mit den Kabinetten unter F. von Papen (Juli bis November 1932) und Schleicher (November 1932-Januar 1933) setzte er rechtsgerichtete Regierungen ein. Nach anfänglichem Zögern ernannte er am 30. 1. 1933 A. Hitler zum Reichskanzler. Mit der Unterzeichnung besonders der »Verordnung zum Schutz von Volk und Staat« vom 28. 2. 1933 (»Reichstagsbrandverordnung«) und des Ermächtigungsgesetzes vom 24. 3. 1933 gab er den Weg frei zum Aufbau der NS-Diktatur. Am »Tag von Potsdam« (21. 3. 1933 wirkte er bei dem von Hitler inszenierten Schauspiel einer Versöhnung von nationalsozialistischer Bewegung und preußischer Tradition mit.
 
 
Literatur:
 
W. Goerlitz: H. (1953);
 E. Marcks: H. (1963);
 E. Ludwig: H. Legende u. Wirklichkeit (Neuausg. 1965);
 J. W. Wheeler-Bennett: Der hölzerne Titan. P. v. H. (a. d. Engl., 1969);
 W. Ruge: H., Portrait eines Militaristen (1981);
 R. Olden: H. oder der Geist der preuß. Armee (Neuausg. 1982);
 W. J. Bütow: H. (1984).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Weltkrieg, Erster: Kriegsziele und Friedensbemühungen
 
Weltkrieg, Erster: Die politische Dimension des Krieges
 

Universal-Lexikon. 2012.