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Chemie
Che|mie [çe'mi:], die; -:
1. Naturwissenschaft, die die Eigenschaften, die Zusammensetzung und die Umwandlung der Stoffe und ihrer Verbindungen erforscht:
sie studiert Chemie.
Zus.: Agrarchemie, Biochemie, Elektrochemie, Lebensmittelchemie, Petrochemie, Textilchemie.
2. (ugs.) (als schädlich, ungesund o. ä. abgelehnte) Chemikalien (die sich in etwas befinden):
wir wollen wissen, was wir an Chemie in unserem Essen, in unserem Wasser und in unserer Luft haben; das ist kein Gewässer mehr, das ist fließende Chemie.

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Che|mie 〈[ çe-], süddt., österr.: [ ke-] f. 19; unz.〉
1. Wissenschaft von den chem. Grundstoffen u. Verbindungen sowie deren Veränderungen, soweit sie nicht auf Atomkernreaktionen beruhen
2. 〈umg.〉 diese chem. Grundstoffe u. Verbindungen selbst
● dieses Reinigungsmittel steckt voller \Chemie 〈umg.〉; zwischen ihnen stimmt die \Chemie 〈fig.; umg.〉 sie passen gut zusammen [<grch. chemeia, chymeia; zu chymos „Flüssigkeit“]

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Che|mie [zu Alchemie], die; -: diejenige Naturwissenschaft, die sich mit Eigenschaften, Zusammensetzung u. molekularem Aufbau der Stoffe, mit ihrer Gewinnung u. Umwandlung u. den Wechselwirkungen mit anderen Stoffen u. der Umwelt beschäftigt u. die Gesetzmäßigkeiten erforscht, die den chemischen Eigenschaften u. Reaktionen zugrunde liegen.

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Che|mie [çe'mi :, südd., österr.: k… , schweiz.: x…], die; - [wohl rückgeb. aus Alchemie]:
1. Naturwissenschaft, die die Eigenschaften, die Zusammensetzung u. die Umwandlung der Stoffe u. ihrer Verbindungen erforscht:
ein Lehrbuch der C.;
er studiert C.;
sie hat in C. (im Unterrichtsfach Chemie) eine Zwei;
die C. stimmt (es besteht eine gute persönliche Beziehung: zwischen den beiden Politikern, den Koalitionspartnern stimmt die C.).
2. (ugs.) chemische Behandlung, Beeinflussung, die eine Veränderung bewirkt:
der Pudding schmeckt nach C.

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Chemie
 
[ç-; arabisch, bis um 1800 Chymie; vermutlich zurückgebildet aus Alchimie] die, -, Naturwissenschaft, die sich mit dem Aufbau und der Umwandlung von Stoffen beschäftigt. Chemische Stoffumwandlungen (chemische Reaktionen) sind Vorgänge, bei denen Atome infolge chemischer Bindungen in definierten Zahlenverhältnissen zu Atomverbänden (Moleküle, Kristalle) zusammentreten oder bei denen Atomverbände in Atome zerfallen oder zu anderen Atomverbänden umgelagert werden. Neben den chemischen Reaktionen spielen Verfahren der Stofftrennung (z. B. Destillation, Extraktion, Filtration) in der Chemie eine große Rolle.
 
 Fachrichtungen der Chemie
 
Die allgemeine Chemie behandelt die allen Teilgebieten gemeinsamen Grundlagen, z. B. Aufbau der Atome, chemische Bindungen, Säure-Base-Theorien. Die klassische Unterteilung in anorganische und organische Chemie ist heute sachlich nicht mehr gerechtfertigt; nach ihr wurde um 1800 angenommen, dass Stoffe der organischen Chemie nur mithilfe einer »vis vitalis« über tierische oder pflanzliche Organismen aufgebaut werden können. Heute versteht man unter organischer Chemie die Chemie der Kohlenwasserstoffe und ihrer Derivate. Typische Forschungsgebiete der reinen organischen Chemie sind die Synthese und Strukturaufklärung von Naturstoffen und neuen Verbindungen sowie die Aufklärung von Reaktionsmechanismen und die Identifizierung der dabei auftretenden Zwischenstufen. Die anorganische Chemie behandelt alle Stoffe, die nicht zu den organischen Verbindungen gehören. Typische Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit Komplexen und deren Bedeutung für Katalyse und Biochemie sowie mit Festkörpern (Synthese, Strukturaufklärung) und deren Bedeutung als Leiterwerkstoffe, Katalysatoren, Molekularsiebe u. a. Die physikalische Chemie ist ein Grenzgebiet zwischen Chemie und Physik, das die Elektrochemie einschließt. Die Biochemie behandelt chemische Probleme aus Biologie und Medizin.
 
Die Chemie spielt in nahezu allen Industriezweigen eine Rolle. Chemische Vorgänge und Methoden, die technisch genutzt werden, gehören zur angewandten oder technischen Chemie, deren Teilgebiete nach den eingesetzten Rohstoffen (z. B. Petrochemie), nach der Verwendung der technischen Produkte (z. B. Agrikulturchemie, pharmazeutische Chemie) oder nach besonderen Eigenschaften der behandelten Verbindungen (z. B. makromolekulare Chemie) benannt werden. Eine Gliederung ist auch nach der Aufgabenstellung möglich. Aufgaben der analytischen Chemie sind der Nachweis und die quantitative Bestimmung von chemischen Elementen und Verbindungen. Die präparative oder synthetische Chemie beschäftigt sich mit der künstlichen Herstellung chemischer Stoffe. Die Lösung chemischer Probleme mithilfe der Quantenmechanik (z. B. Berechnung der Bindungsverhältnisse in Molekülen) strebt die theoretische Chemie an.
 
Der Begriff »Chemie« wird im allgemeinen Sprachgebrauch manchmal mit »chemischer Industrie« gleichgesetzt und »chemisch« oft auch im Gegensatz zu »natürlich« verwendet. Diese Einengung ist irreführend, denn chemische Reaktionen spielen auch in der Natur (z. B. Verwitterung von Gesteinen, Stoffwechselvorgänge) und bei einfachen Tätigkeiten des Menschen (z. B. Verbrennung, Speisezubereitung) eine beherrschende Rolle.
 
 Geschichte
 
Die Anfänge der Chemie entstanden aus der Alchimie etwa seit dem 17. Jahrhundert. Doch schon Ägypter und Babylonier besaßen chemisch-technisches Wissen, das in Ägypten im 2.-3. Jahrhundert n. Chr. seine naturphilosophische Deutung und Ausgestaltung erfuhr. Daneben wurden Fragen der Mischung von Elementen in den natürlichen Stoffen und das Problem der »minima naturalia« (Aristoteles) behandelt, die jedoch keine chemischen Erkenntnisse im heutigen Sinne erbrachten. - Die lebhafte Pflege der Alchimie durch die arabische Wissenschaft und im mittelalterlichen Abendland führte zur Entdeckung neuer Stoffe und zu neuen chemischen Geräten und Arbeitsmethoden. Eine Erweiterung des Wissens brachte die Praxis der Feuerwerkerei und des Bergbaus.
 
Der Aufschwung, den die Chemie durch das Wirken des Paracelsus im 16. Jahrhundert nahm, führte im 17. Jahrhundert zur Errichtung der ersten Professur für Chemie (Marburg 1609) und zur Planung eines ersten chemischen Laboratoriums (A. Libavius). Erst mit dem »Skeptischen Chemiker« von R. Boyle (1661) brach das empirische und rationale Denken in der Chemie durch. - Der im 18. Jahrhundert folgende Entwicklungsabschnitt, beherrscht durch die Phlogistontheorie, brachte mit ersten Versuchen einer einheitlichen Deutung chemischer Vorgänge der Forschung neuen Auftrieb. Unter den zahlreichen folgenden Entdeckungen (H. Cavendish, A. S. Marggraf, J. Black) war die wichtigste die des Sauerstoffs durch C. W. Scheele (1771) und J. B. Priestley (1774). - Mit A. L. de Lavoisier beginnt die eigentliche moderne quantitative Chemie; neue Methoden der Elementaranalyse wurden entwickelt, neue Elemente entdeckt und theoretische Vorstellungen vertieft (J. Dalton, A. Avogadro, J. L. Proust, J. Richter).
 
Besonders markante Punkte der Entwicklung wurden im 19. Jahrhundert gesetzt, u. a. durch die Nutzung der elektrochemischen Vorgänge (H. Davy, M. Faraday), die Harnstoffsynthese (F. Wöhler, 1828), die Herstellung der ersten Anilinfarben (C. L. von Reichenbach, F. F. Runge, O. Unverdorben, W. H. Perkin) und die Begründung der Agrikulturchemie (J. von Liebig, 1840). Über die Triadentheorie (J. W. Döbereiner, 1829) gelang es, im Periodensystem der Elemente (J. L. Meyer, D. Mendelejew, 1869) die chemischen Grundstoffe zu ordnen. Fortschritte zur Klärung der chemischen Bindung brachten die dualistische elektrische Theorie (J. von Berzelius), die Radikaltheorie (J. von Liebig) und die Typentheorie (C. Gerhardt). Innere Ordnung erfuhr die organische Chemie mit der Valenzlehre (1857), der Strukturformel offenkettiger Kohlenwasserstoffe (1858), der Ringformel des Benzols (1865) durch A. Kekulé von Stradonitz und der Begründung der Stereochemie (J. H. van't Hoff, J. A. Le Bel, 1874). Die theoretische Deutung chemischer Vorgänge durch die physikalische Chemie machte bedeutende Fortschritte durch das Massenwirkungsgesetz (C. Guldberg und P. Waage, 1867), die Spektralanalyse (R. Kirchhoff und R. Bunsen, 1859) und die Osmose (W. Pfeffer, 1877). Neue Arbeitsgebiete wurden durch die Elektrochemie (S. Arrhenius, 1887) und die Kolloidchemie (T. Graham, 1861, W. Ostwald) erschlossen. - Nach den klassischen Atommodellen (N. Bohr, 1913) brachte ab 1926 die Einführung der Quantenmechanik in die Chemie (W. Heitler und F. London) ein neues Verständnis von Atombau und chemischer Bindung. Das Gesetz von der Erhaltung der Orbitalsymmetrie (R. B. Woodward, R. Hoffmann, 1965) gab der organischen Chemie neue Impulse.
 
Vereinzelte chemische Produkte (z. B. Soda, Schwefelsäure) wurden bereits Ende des 18. Jahrhunderts fabrikmäßig hergestellt. Die allgemeine Entwicklung einer chemischen Industrie setzte aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein (Düngemittel, Farbstoffe, Arzneimittel) und erreichte mit der Ammoniaksynthese (F. Haber, C. Bosch, 1913) einen ersten Höhepunkt. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war durch die technische Acetylenchemie (Acetaldehyd, Butadien, Synthesekautschuk u. a.) und die Kohleverflüssigung gekennzeichnet. Nach 1950 führten die Verfügbarkeit von billigem Erdöl und Fortschritte in der Verfahrenstechnik zu einem starken Aufschwung besonders der Olefinchemie, in dessen Verlauf konventionelle Produkte wie Papier, Metalle, Glas und Naturfasern zunehmend durch chemische Massenprodukte (Kunststoffe, Synthesefasern u. a.) ersetzt wurden. Die analytische Chemie hat in den letzten Jahrzehnten extrem empfindliche Methoden (instrumentelle Analytik) entwickelt, mit denen Verunreinigungen, Schadstoffe u. a. noch im ppb-Bereich (1 ppb = 1 Teil in 1 Mrd. Teile) nachgewiesen werden können.
 
Literatur:
 
J. A. Campbell: Allg. C. (a. d. Amerikan., 21980, Nachdr. 1990);
 R. E. Dickerson u. I. Geis: C. - eine lebendige u. anschaul. Einf. (1981, Nachdr. 1990);
 F. A. Cotton u. G. Wilkinson: Anorgan. C. (a. d. Amerikan., 41982);
 R. T. Morrison u. R. N. Boyd: Lb. der organ. C., 2 Tle. (a. d. Amerikan., 2-31986-88);
 G. Jander u. H. Spandau: Kurzes Lb. der anorgan. u. allg. C. (101987);
 H. R. Christen: Grundl. der allg. u. anorgan. C. (91988);
 H. R. Christen u. F. Vögtle: Grundl. der organ. C., 2 Tle. (1989-90);
 H. Beyer: Lb. der organ. C. (221991);
 A. F. Holleman u. E. Wiberg: Lb. der anorgan. C. (1011995);
 
Römpp-Chemie-Lex., hg. v. J. Falbe u. M. Regitz, 6 Bde. (Neuausg. 101995).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Naturwissenschaft und Technik: Ein neues Weltbild setzt sich durch
 

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Che|mie [çe'mi:, südd., österr.: k..., schweiz.: x...], die; - [wohl rückgeb. aus ↑Alchemie]: 1. Naturwissenschaft, die die Eigenschaften, die Zusammensetzung u. die Umwandlung der Stoffe u. ihrer Verbindungen erforscht: ein Lehrbuch der C.; er studiert C.; sie hat in C. (im Unterrichtsfach Chemie) eine Zwei; morgen haben wir keine C. (Schülerspr.; keinen Chemieunterricht); hast du schon C. (Schülerspr.; die Hausaufgaben o. Ä. für den Chemieunterricht) gemacht?; *die C. stimmt (es besteht eine gute persönliche Beziehung): Da die „Chemie“ zwischen Momper und Diepgen schon seit der Studentenbewegung in den 60er-Jahren nicht stimmt (Rheinpfalz 4. 12. 90, 3); Rot-grüne Bündnisse: Erfolge dort, wo die C. stimmt (FR 12. 2. 97, 23). 2. (ugs.) durch chemische Behandlung, Beeinflussung erfolgte Veränderung: der Pudding schmeckt nach C.

Universal-Lexikon. 2012.