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Holzschnitt
Họlz|schnitt 〈m. 1〉 →a. Holzstich
I 〈unz.〉 die Kunst, mit dem Messer aus einer Holzplatte (weiches Holz, längs der Faser) eine bildl. Darstellung herauszuschneiden, so dass sie erhaben stehen bleibt, eingefärbt u. auf Papier abgedruckt werden kann; Sy Holzschneidekunst
II 〈zählb.〉 Abzug von einer so bearbeiteten Holzplatte

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Họlz|schnitt, der:
1. <o. Pl.> grafische Technik, bei der die Darstellung [mit Feder od. Stift vorgezeichnet u.] mit scharfem Messer aus einer später als Druckstock dienenden Holzplatte herausgeschnitten wird.
2. in der Technik des Holzschnitts (1) hergestelltes Blatt.

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Holzschnitt,
 
grafische Hochdruckverfahren sowie das Druckergebnis. Als Druckstock dient ein in Faserrichtung geschnittenes, glatt gehobeltes Brett, meist aus Birnbaum-, Erlen- oder Kirschbaumholz, aus dem mit speziellen Schneidemessern (Rund-, Hohl- und Flacheisen, Stichel, Geißfuß) die nicht druckenden Teile herausgeschnitten werden. Die zuvor auf dem mit einer Kreideschicht grundierten Stock spiegelbildlich aufgetragene Zeichnung bleibt in erhabenen Stegen stehen und wird nach dem Einfärben mit der Walze mittels Reiber, Bürste oder der Handpresse auf Papier abgedruckt. Dieser Schwarzlinientechnik steht der Weißlinienschnitt gegenüber, bei dem die Zeichnung wie bei einer Gravur vertieft wird und die Darstellung sich aus den nicht druckenden weißen Linien ergibt. Eine Belebung erfuhr diese Technik seit der Entwicklung des Holzstichs. Für den Farbholzschnitt verwendet man mehrere Druckstöcke.
 
 Geschichte
 
Aus dem Orient, wo schon im Altertum Holzmodel zum Bedrucken von Stoffen benutzt wurden (Textildruck), gelangte die Technik des Holzschnitts im Mittelalter in den Westen. Als idealer Druckträger konnte seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts in zunehmendem Maße Papier verwendet werden. Die Strapazierfähigkeit der Druckstöcke erlaubte es zudem, jeweils eine große Anzahl von Drucken herzustellen (rd. 1 000). Als erste europäische grafische Druckerzeugnisse gelten die Einblattdrucke mit religiösem Inhalt, aber auch Spielkarten. Um 1430 entstanden die ersten Blockbücher. Nach der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (1455) wurden Holzschnitte zur Buchillustration verwendet. In Deutschland brachte A. Dürer (Holzschnittfolgen »Apokalypse«, 1498, »Große Passion«, 1496-1511, »Marienleben«, 1502-11) den Holzschnitt zu höchster Vollendung. Seinem Vorbild folgten u. a. H. Schäufelein, W. Traut, H. Wechtlin und H. Springinklee, auch die hauptsächlich als Kupferstecher tätigen Kleinmeister. Die Arbeit an den großen, von Kaiser Maximilian I. in Auftrag gegebenen Holzschnittwerken wie der »Ehrenpforte« und dem »Triumphzug« verband Dürer mit den Augsburger Meistern, besonders H. Burgkmair, J. Breu und H. Weiditz dem Jüngeren Zu den eindrucksvollsten Arbeiten gehören die frühen Holzschnitte von L. Cranach dem Älteren sowie die Blätter von A. Altdorfer, H. Baldung, W. Huber und H. Holbein dem Jüngeren, in der Schweiz U. Graf und N. Manuel, in den Niederlanden Lucas van Leyden. Eine Nachblüte erlebte der Holzschnitt in der Mitte des 16. Jahrhunderts in den Werken des Nürnbergers V. Solis und der Schweizer J. Amman und T. Stimmer. In Italien nutzten u. a. Tizianschüler den Holzschnitt als Reproduktionsverfahren. In der Folgezeit trat er hinter andere grafische Techniken (Kupferstich, Radierung) zurück; erst P. P. Rubens, der einen eigenen Kreis von Reproduktionskünstlern um C. Jegher damit beschäftigte, seine Werke wiederzugeben, verhalf dem Holzschnitt wieder zu einem gewissen Aufschwung. Um 1790 wandte der englische Grafiker T. Bewick den Holzstich an, der v. a. zur Buchillustration verwendet wurde. Zu neuem Ansehen verhalfen dem Holzschnitt im 19. Jahrhundert die Künstler der Romantik (J. Schnorr von Carolsfeld, A. Rethel, C. D. Friedrich, L. Richter). Sie benutzten ihn in verstärktem Maße für ihre volkstümlichen Arbeiten. Die Entwicklung des Holzschnitts in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde entscheidend von der Buchkunst W. Morris' und A. Beardsleys geprägt sowie durch das Bekanntwerden der flächenhaften ostasiatischen Holzschnitte, die auf den Weltausstellungen in London (1862), Paris (1867) und Wien (1873) großes Aufsehen erregten. Von dem Vorbild japanischer Holzschnitte gingen gegen Ende des 19. Jahrhunderts u. a. W. Nicholson, F. Vallotton, P. Gauguin und E. Munch aus, in Deutschland zunächst E. Orlik (ab 1900/01). Große Bedeutung erlangte der Holzschnitt zur Zeit des Expressionismus (die Künstler der Brücke, E. Nolde, F. Marc, M. Beckmann, G. Marcks). Er wurde zu einem wichtigen Ausdrucksmittel politisch und sozial engagierter Künstler (Käthe Kollwitz, E. Barlach, F. Masereel, O. Pankok und C. Felixmüller). Allmählich verlor er jedoch gegenüber moderneren Techniken an Bedeutung. Seine Tradition hielten in Deutschland v. a. E. Mataré und HAP Grieshaber lebendig; auch im Schaffen W. Rudolphs, H. Sandbergs, W. Klemkes und W. Mattheuers spielte er eine wesentliche Rolle.
 
In China sind die technischen Vorformen des Holztafeldrucks Steinabreibungen sowie die bis in die vorchristliche Zeit zurückreichenden Namens- und Amtssiegel. Der Holzschnitt breitete sich in enger Verbindung mit dem Buddhismus aus. Schon aus dem 6. Jahrhundert kennt man von Holzstempeln gedruckte Gebetstexte. In Dunhuang entdeckte Sir Aurel Stein ein in das Jahr 868 datiertes, im Holzschnittverfahren hergestelltes Diamantsutra mit technisch vollendeter Titelillustration, das als eines der ältesten gedruckten Bücher der Erde anzusehen ist. In der Songzeit (960-1279) fanden der Buchdruck und die Buchillustration nach Holzschnitten auch im profanen Bereich weite Verbreitung; sie bilden eine wichtige Voraussetzung für die auf dem staatlichen Examenswesen gründende soziale Stellung und Mobilität. Bücher wurden nun nicht mehr in Rollenform (Querrolle), sondern in der handlicheren Form des Faltdrucks (Leporelloband) hergestellt, wobei das aus broschierten Heften bestehende Buch in einer Papphülle aufbewahrt wurde. Zu den erstaunlichen Leistungen auf dem Gebiet des Holzschnitts gehören die songzeitlichen illustrierten Kataloge zu Sammlungen alter Sakralbronzen (Kao-gu tu-lu 1092; Xuan-he bo-gu tu-lu, um 1125; Hui Zong). In der Mingzeit entwickelten sich drei Zentren für den Druck von mit Holzschnitten bebilderten Werken: Jianan (Provinz Fujian), Nanking (v. a. illustrierte Romane und Theaterstücke) und Xinan (Provinz Anhui). Ende des 16. Jahrhunderts wurde der Farbholzschnitt entwickelt, dessen bedeutendste Beispiele die Mallehrbücher Zehnbambushalle und Senfkorngarten sind. Seit dem 17. Jahrhundert werden auch Werke namhafter Künstler serienweise in Holz nachgeschnitten (symbolische Pflanzen, Jahreszeiten- und Monatsbilder) und als Wandschmuck und Grußbotschaften verwendet. Eine weitere Gruppe stellen die volkstümlichen Neujahrsholzschnitte dar, die sich durch kräftige Farben und einfache technische Ausführung auszeichnen. Es handelt sich um Darstellungen der Tür-, Haus- und Herdgötter, die zur Abwehr feindlicher Geister auf Türen und Wände geklebt werden.
 
In Japan wurden Schrift und Bilddruck im 8./9. Jahrhundert von China übernommen (buddhistische Amulettdrucke). Die ältesten Blockdruckbücher profanen Inhalts sind im Stil der Yamato-e-Kunst und der Tosaschule mit handkolorierten Drucken illustriert, z. B. das Ise-Monogatari von Honami Kōetsu von 1608. Hishikawa Moronobu gab der Buchillustration und dem Einblattdruck (Ichimai-e) einen eigenen grafischen Stil.
 
Literatur:
 
J. Kurth: Der chin. Farbendruck (1922);
 J. Tschichold: Der frühe chin. Farbendruck (Basel 21951);
 J. Tschichold: Chin. Farbendruck der Gegenwart (ebd. 21953);
 P. Pelliot: Les débuts de l'imprimerie en Chine (Paris 1953);
 T. F. Carter: The invention of printing in China and its spread westward (New York 21955);
 R. Goepper: Chin. Blütenreigen (1959);
 H. T. Musper: Der H. in 5 Jh. (1964);
 W. Speiser u. a.: Chin. Kunst (teilw. a. d. Frz., Zürich 1965);
 M. J. Friedländer: Der H. (41970);
 J. Hejzlar: Alte chin. Graphik (21976);
 H. W. Hansen: Dt. H.-Meister des 20. Jh. (21979);
 
Dt. H. Bis zum Ende des 17. Jh., bearb. v. H. Wendland (Neuausg. 1980);
 
Die Graphik. Entwicklungen, Stilformen, Funktion, bearb. v. M. Melot u. a. (a. d. Engl. u. Frz., 1981);
 K. P. Lohwasser: Holz- u. Linolschnitt. Japan. Holzdrucktechnik (1982);
 
Hb. der künstler. Drucktechniken, hg. v. J. Dawson (a. d. Engl., 1983);
 F. van der Linden: DuMont's Hb. der graf. Techniken (1983);
 D. C. Twitchett: Printing and publishing in medieval China (London 1983);
 S. Edgren: Chinese rare books in American collections (New York 1984);
 
China u. Japan in Buchkunst u. Graphik. Vergangenheit u. Gegenwart, bearb. v. G. Diesinger u. a., Ausst.-Kat. (1985);
 W. Bleicher u. J. D. Stiebner: Hb. der modernen Druckgraphik (21986);
 E. Korazija Magnaguagno: Der moderne H. in der Schweiz(Zürich 1987);
 Der dt. H. im zwanzigsten Jh., hg. v. G. Thiem, Ausst.-Kat. Inst. für Auslandsbeziehungen Stuttgart (21988);
 
Jap. Landschaften, bearb. v. Yang Enlin (1994).
 

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Họlz|schnitt, der: 1. <o. Pl.> grafische Technik, bei der die Darstellung [mit Feder od. Stift vorgezeichnet u.] mit scharfem Messer aus einer später als Druckstock dienenden Holzplatte herausgeschnitten wird. 2. in der Technik des Holzschnitts (1) hergestelltes Blatt.

Universal-Lexikon. 2012.