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Neapel
Ne|a|pel:
Stadt in Italien.

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Neapel,
 
1) italienisch Napoli, größte Stadt Süditaliens, am Golf von Neapel, bis an den Nord- und Westfuß des Vesuvs reichend, umgeben von den Phlegräischen Feldern, 15 m über dem Meeresspiegel, 1,02 Mio. Einwohner; Verwaltungssitz der Region Kampanien und der Provinz Neapel; katholischer Erzbischofssitz; Universität (gegründet 1224), Handelshochschule, Meerwasseraquarium mit biologischer Forschungsstation, Polytechnikum, orientalistisches Institut, historisches Institut, vulkanologisches Institut und Erdbebenwarte, Kunstakademie, Musikhochschule, Observatorium, Schifffahrtshochschule; mehrere Museen, u. a. historisches, Porzellan- und stadthistorisches Museum, archäologisches Museum (mit den Farnesischen Sammlungen), Gemäldegalerie, Bibliotheken, Staatsarchiv; bedeutendes Theater, Filmfestspiele; Börse.
 
Neapel bildet zusammen mit seinem Umland den wirtschaftlichen Schwerpunkt Süditaliens, mit Erdölraffinerie, Werften, Flugzeugtechnik, Textil- und Bekleidungs-, Leder-, chemische und Nahrungsmittelindustrie; nach Schließung des staatlichen Eisen- und Stahlunternehmens (mit ehemaligen 10 000 Beschäftigten) hat dieser Industriezweig keine Bedeutung mehr. Daneben existieren viele, oft wenig produktive Kleinbetriebe. Die Produkte des Umlandes (Obst, Wein, Gemüse) werden hier vermarktet. Bedeutender Handelshafen (Umschlag 1994: 14,7 Mio. t). Die Lage der Stadt am Schnittpunkt wichtiger Verkehrslinien (Flugplatz, Autobahnen, Eisenbahnen) in einer landschaftlich reizvollen Umgebung mit vielen natürlichen und kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten (Pompeji, Pozzuoli), den nahen Inseln im Golf (u. a. Capri) und den Badeorten an der Küste haben schon früh zu einem regen Fremdenverkehr geführt. Andererseits sind hier Umweltverschmutzung und die Probleme des Mezzogiorno, u. a. Armut, Arbeitslosigkeit, Camorra, Korruption, deutlich ausgeprägt.
 
Stadtbild:
 
Die UNESCO erklärte das historische Zentrum von Neapel zum Weltkulturerbe. Das im 5. Jahrhundert v. Chr. angelegte Straßennetz ist bis heute prägend. Durch die wechselvolle Geschichte Neapels hat sich kein mittelalterliches Stadtzentrum herausgebildet. Die gegen Norden und Westen oft treppenartig ansteigende Altstadt, mit dicht bewohnten Quartieren überalterten Baubestandes, erstreckt sich zwischen Hauptbahnhof im Osten und Monte Calvario im Westen; nach Süden zum Hafen hin wurde sie nach 1884 (Choleraepidemie) umgestaltet; so entstand der geradlinige »Rettifilo« (Corso Umberto I.), der zur Verkehrsachse und Geschäftsstraße zwischen Piazza Garibaldi und Piazza G. Bovio wurde. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde v. a. das Hafenviertel wieder aufgebaut. Der Verelendung des Stadtkerns soll entgegengewirkt werden; dennoch verfallen weite Teile der Altstadt. Ältere Wohnviertel liegen im Norden, Villen und neuere Wohnviertel der gehobenen Stufe auf Höhen im W. Ein Gewerbe- und Industriesektor schließt sich im Osten jenseits des Hauptbahnhofs an; Arbeiterviertel im Nordosten.
 
Neapels Sakralbauten stammen vorwiegend aus frühchristlicher Zeit, aus der Gotik und besonders aus dem Barock. Früheste christliche Zeugnisse sind die Katakomben von San Gennaro extra moenia (seit dem 2. Jahrhundert; mit Freskenfragmenten), ferner die mit dem Dom San Gennaro verbundene kleine Basilika Santa Restituta (beim Dombau weitgehend verändert; mit Apsismosaik, 1322, und zwei Reliefplatten, 12./13. Jahrhundert) und das dahinter liegende Baptisterium San Giovanni in Fonte (5. Jahrhundert, zum Teil originaler Mosaikschmuck). Unter der Herrschaft der Anjou setzte sich gotischer Baustil durch: San Lorenzo Maggiore (um 1270 gegründet, um 1330 vollendet; Barockfassade, 1743; mit Grabmal der Katharina von Österreich, von Tino di Camaino, nach 1323), San Domenico Maggiore (ursprünglich 13./14. Jahrhundert, mehrfach umgebaut), Santa Chiara (1310-40; mit den Grabmälern der Anjou von Tino di Camaino u. a., 14. Jahrhundert; im Kreuzgang, »Chiostro delle Maioliche« genannt, Majolikadekoration des 18. Jahrhunderts) und der Dom (ursprünglich 13./14. Jahrhundert). Aus der Frührenaissance stammen Santa Anna dei Lombardi (1411 begonnen; mit Grabmälern und Altären von Benedetto da Maiano, A. Rossellino, G. Mazzoni u. a.) und San Giovanni a Carbonara (vor 1414 begonnen, mit Grabmälern des 15. und 16. Jahrhunderts). Im Barock entstand eine Fülle von Kirchen - u. a. Gesù Nuovo, Santi Apostoli, Santa Maria Maggiore, Santissima Annunziata. Die Certosa San Martino (1325 gegründet), auf dem Monte Calvario unterhalb des Castel Sant'Elmo (ursprünglich 1329-43; 1536-46 verändert) gelegen, mit Klosterkirche (ursprünglicher Bau 1368 geweiht, 1580 ff. umgebaut) ist seit 1866 Nationalmuseum. Der Bau von San Francesco di Paola (Anfang 19. Jahrhundert) folgt dem römischen Pantheon; davor zwei Reiterdenkmäler von A. Canova.
 
Zu den bedeutendsten Profanbauten gehört das Castel Nuovo, Residenz der neapolitanischen Könige und Vizekönige, zugleich Festung zum Schutz der Stadt, Wahrzeichen Neapels, von Karl I. von Anjou als »Neues Kastell« neben den schon bestehenden Castelli dell'Ovo und Capuano 1279-84 erbaut; nach Verfall seit Ende des 14. Jahrhunderts Neuaufbau unter Alfons I. von Aragonien seit 1442; am Eingang Triumphbogen, den Einzug Alfons' I. darstellend; im Innern die Sala dei Baroni (1452-57) mit Sterngewölbe. 1484-88 entstand das Stadttor Porta Capuana, ein reich geschmückter Torbogen (nach Entwurf von Giuliano da Maiano). Das Castel Nuovo verlor an Bedeutung nach Errichtung des Palazzo Reale (1600-02, nach Entwurf von D. Fontana, Erneuerung im 19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert) als neue Residenz der Könige (heute Museum und Nationalbibliothek). Prächtigster Brunnen ist die Fontana del Nettuno (1600/01 ursprünglich am Hafen aufgestellt, 1634-39 von C. Fanzago restauriert). 1737 wurde das Teatro San Carlo gebaut (nach Brand 1816 erneuert); gegenüber die überdachte Passage Galleria Umberto I. (1887-90). In der klassizistischen Villa Floridiana Keramikmuseum Duca di Martina. Der Freskenzyklus in der Zoologischen Station ist ein Hauptwerk von H. von Marées (1873). Am Nordrand der Stadt liegt das Schloss Capodimonte.
 
Geschichte:
 
Neapel ist hervorgegangen aus einer im 8./7. Jahrhundert v. Chr. von der griechischen Kolonie Kyme (Cumae) aus gegründeten Tochterkolonie und einer benachbarten Neugründung (Neạpolis, »Neustadt«) des 5. Jahrhunderts Um 420 nahm die Stadt Flüchtlinge aus Kyme und kampanische Zuwanderer auf; 326 schloss sie ein Bündnis mit Rom, bewahrte aber weiterhin griechischen Charakter. 89 v. Chr. erhielt Neapolis römisches Bürgerrecht, in der Kaiserzeit wurde es Kolonie. Seit 553 byzantinisch, errang Neapel im 7. Jahrhundert allmählich Autonomie, die es behielt, bis das Herzogtum Neapel (das auch Cumae, Pozzuoli, Sorrent umfasste) 1139 von Roger II. von Sizilien unterworfen wurde. Von nun an teilte Neapel die Geschichte des Königreichs Sizilien (Neapel 3).
 
Literatur:
 
W. Döpp: Die Altstadt N.s (1968);
 
Reclam's Kunstführer Italien, hg. v. M. Wundram, Bd. 6: N. u. Umgebung, (21983);
 C. de Seta: Napoli (Bari 31986);
 E. Kluckert: N. (Zürich 21989).
 
 2) Provinz in der Region Kampanien, Italien, 1 171 km2, 3,11 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Neapel 1).
 
 3) ehemaliges Königreich, das Unteritalien und 1130-1282, 1442-58, 1504-1707/13, 1720-98, 1799 bis 1805 sowie 1816-60 auch Sizilien umfasste (bis 1282 Königreich Sizilien, 1816-60 Königreich beider Sizilien). Im 6. Jahrhundert errichteten in diesem Raum die Langobarden das Herzogtum Benevent, das in der Mitte des 9. Jahrhunderts in die Fürstentümer Benevent, Salerno und Capua zerfiel. Der Rest von Unteritalien und Sizilien verblieb Byzanz, bis ihn im 11. Jahrhundert die Normannen eroberten. Unter Roger II. (1101-54), der 1130 den Titel »König von Sizilien, Kalabrien und Apulien« annahm, erlebte das Land eine ungewöhnliche Blüte. Das von ihm geschaffene Staatswesen trug bereits Züge des modernen zentralistischen Beamtenstaates. 1186 heiratete der spätere Kaiser Heinrich VI. Konstanze, die Erbtochter Rogers II. Damit wurde der Staufer Erbe des unteritalischen Reiches. Kaiser Friedrich II. organisierte Verwaltung, Rechtspflege und Finanzwesen streng zentralistisch (Konstitutionen von Melfi, 1231). Die letzten Staufer, Manfred und Konradin, konnten sich gegen Karl I. von Anjou (1265-85) nicht behaupten. Dieser wiederum musste nach dem Aufstand der Sizilianischen Vesper (1282) auf Sizilien verzichten, die Insel wurde 1285 eine aragonesische Sekundogenitur. König Robert I. von Anjou (1309-43) baute unter Anlehnung an Frankreich und das Papsttum seine Stellung zu einer Art Hegemonie aus, konnte Sizilien aber nicht zurückerobern.
 
Nach der Absetzung Königin Johannas I. (1343 bis 1382) übertrug Papst Urban VI. Neapel ihrem Verwandten Karl von Durazzo (Karl III. von Neapel). Im Kampf um das Erbe Johannas II. (1414-35) setzte sich König Alfons V. von Aragonien gegen René I. von Anjou durch, eroberte 1442 Neapel und vereinigte das Königreich wieder mit Sizilien. König Karl VIII. von Frankreich, der als Erbe der Anjou die Krone von Neapel beanspruchte, eroberte 1495 die Stadt.
 
Nachdem Ferdinand II. von Aragonien 1504 die Franzosen aus Neapel vertrieben hatte, wurden Neapel und Sizilien bis 1707 als Vizekönigreiche der spanischen Krone unterstellt. Die fast uneingeschränkte politische und fiskalische Verfügungsgewalt Spaniens, die Hispanisierung des öffentlichen Lebens (u. a. Einführung der Inquisition, Judenverfolgungen) führten zu sozialen, wirtschaftlichen und politischen Spannungen, die im 16./17. Jahrhundert Revolten auslösten. 1713 kam Neapel, das österreichische Truppen 1707 im Spanischen Erbfolgekrieg besetzt hatten, an Österreich, während Sizilien zunächst als Königreich an Savoyen, 1720 im Tausch gegen Sardinien ebenfalls an Österreich fiel. 1735 ging Neapel-Sizilien als unabhängige Sekundogenitur an die spanischen Bourbonen über (Friede von Wien, 3. 10. 1735). Neapel wurde zu einem Zentrum der europäischen Aufklärung. Republikanische Revolten in Neapel und Sizilien scheiterten, bis Anfang 1799 unter dem Schutz französischer Revolutionstruppen in Neapel die Parthenopäische Republik ausgerufen wurde; sie brach wenige Monate später unter dem Gegenangriff eines königstreuen Volksheeres zusammen. Der Reaktion der Monarchie, die sich seitdem auf die unteren Volksschichten stützte, fiel die bürgerliche Intelligenz zum Opfer.
 
1806 wurde Neapel von Napoleon I. erobert, der zunächst seinen Bruder Joseph, 1808 seinen Schwager J. Murat zum König erhob, während sich Ferdinand IV. auf Sizilien halten konnte. Im Juni 1815 nach Neapel zurückgekehrt, gab dieser sich Ende 1816 als Ferdinand I. den Titel eines Königs beider Sizilien; mit österreichischer Hilfe schlug er die Revolution von 1820/21 brutal nieder. 1848 gab Ferdinand II. zwar der Verfassungsforderung zunächst nach; in Neapel rasch wieder Herr der Lage und 1849 Sieger auch in Sizilien, das sich für unabhängig erklärt hatte, verstärkte er aber in der Folge sein absolutistisches Regiment. Nach der Invasion G. Garibaldis (Eroberung Siziliens im Mai 1860, im September Einzug in Neapel) schlossen sich Neapel und Sizilien am 21. 10. 1860 dem neuen Königreich Italien an.
 
Literatur:
 
R. Moscati: La fine del regno di Napoli (Florenz 1960);
 G. Galasso: Mezzogiorno medievale e moderno (Turin 1965, Nachdr. ebd. 1975);
 
Storia di Napoli, 10 Bde. in 14 Tlen. (Neapel 1967-72);
 N. Kamp: Kirche u. Monarchie im stauf. Königreich Sizilien, Bd. 1, Tl. 1-4 (1973-82);
 B. Croce: Storia del regno di Napoli (Bari 41980);
 
I Borboni delle Due Sicilie, hg. v. A. Pecchioli (Rom 1992);
 G. Coniglio: I Borboni di Napoli (Neuausg. Mailand 1995).
 

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Ne|a|pel: Stadt in Italien.

Universal-Lexikon. 2012.