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Na|mi|bia; -s:
Staat in Südwestafrika.
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Namibia,
Fläche: 824 292 km2
Einwohner: (2000) 1,8 Mio.
Hauptstadt: Windhuk
Amtssprache: Englisch
Nationalfeiertag: 21. 3.
Zeitzone: 1300 Windhuk = 1200 MEZ
amtlich englisch Republic of Namibia [rɪ'pʌblik ɔv nə'mɪbiə ], Staat im südlichen Afrika, am Atlantischen Ozean, grenzt im Norden an Angola, im Nordosten an Sambia (mit dem Caprivi-Zipfel weit hineinreichend), im Osten an Botswana, im Südosten und Süden an die Republik Südafrika, 824 292 km2, mit (2000) 1,8 Mio. Einwohner eines der am dünnsten besiedelten Länder Afrikas. Hauptstadt ist Windhuk, Amtssprache Englisch. Währungseinheit: 1 Namibia-Dollar (N$) = 100 Cent (c). Zeitzone: OEZ (1300 Windhuk = 1200 MEZ).
Staat und Recht:
Nach der am 21. 3. 1990 in Kraft getretenen Verfassung ist Namibia eine unabhängige Republik im Commonwealth. Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Regierungschef ist der auf fünf Jahre direkt vom Volk gewählte Präsident (einmalige Wiederwahl möglich). Er bestimmt die Richtlinien der Politik; die Aufgabe des Ministerpräsidenten beschränkt sich auf die Verwaltung des Kabinetts. Der Präsident ernennt die Regierungsmitglieder, die Befehlshaber von Polizei und Streitkräften und die Mitglieder des Richterwahlausschusses, zum Teil unter Mitwirkung des Parlaments beziehungsweise auf Vorschlag anderer Staatsorgane; er hat das Recht zur Gesetzesinitiative. Die Gesetzgebung obliegt der Nationalversammlung (National Assembly; 72 Abgeordnete, auf fünf Jahre gewählt) und dem Nationalrat (National Council), der - mit je zwei Mitglieder pro Region - dem US-Senat nachgebildet ist; die Mitglieder des Nationalrates werden durch die Regionalräte aus ihrer Mitte für sechs Jahre gewählt. Gegen nur mit einfacher Mehrheit vom Parlament beschlossene Gesetze kann der Präsident ein endgültiges Veto einlegen. Das Parlament kann mit Zweidrittelmehrheit jede Entscheidung des Präsidenten korrigieren oder revidieren, sofern die Verfassung nicht ausdrücklich anderes bestimmt.
Parteien:
In dem Mehrparteiensystem ist die South West Africa People's Organization (SWAPO) die einflussreichste Partei; obwohl anfangs stark vom Stammesverband der Ovambo (Ambo) bestimmt, sucht sie programmatisch die Gesamtbevölkerung Namibias auf nationaler Grundlage zu vertreten. Die zweitstärkste Gruppe, die Democratic Turnhalle Alliance (DTA, deutsch Demokratische Turnhallenallianz, gegründet 1977), sucht auf ethnischer Grundlage die Politik zu beeinflussen; daneben kleinere Gruppierungen.
Das Wappen (am 21. 3. 1990 eingeführt) zeigt im Schild die gleichen Farben und Elemente wie die Staatsflagge. Der Schild steht auf Sand, der die Wüste Namib symbolisiert; im Sand die Welwitschia mirabilis, eine der ältesten Pflanzen der Erde; darunter ein Schriftband mit dem Wahlspruch »Unity, Liberty, Justice« (»Einheit, Freiheit, Gerechtigkeit«). Schildhalter sind zwei Südafrikanische Spießböcke (Oryx gazella), das Oberwappen bildet ein auf einem Wulst stehender Fischadler.
Nationalfeiertage:
Nationalfeiertag ist der 21. 3., der an die Erlangung der Unabhängigkeit 1990 erinnert.
Namibia ist in 13 Regionen und »örtlichen Verwaltungseinheiten« (Städte, Gemeinden, Dörfer) gegliedert, deren Zahl durch Gesetz bestimmt wird. Die Abgrenzung erfolgt strikt geographisch ohne Rücksicht auf Stammesgebiete oder die Rasse der Bevölkerung.
An der Spitze der Gerichtsorganisation steht der Oberste Gerichtshof, der auch als Verfassungsgericht fungiert; seine Entscheidungen binden alle nachgeordneten Gerichte, d. h. den High Court und die Untergerichte. Die Richter des Obersten Gerichtshofes und des High Court werden vom Präsidenten auf Vorschlag des Richterwahlausschusses ernannt; sie genießen richterliche Unabhängigkeit.
Nach der Erlangung der Unabhängigkeit 1990 wurde mit der Aufstellung einer namibischen Armee begonnen. Die Gesamtstärke der »National Defence Force« beträgt rd. 8 000 Mann. Gegliedert ist die Armee in eine Kampfunterstützungsbrigade, ein Infanteriebataillon sowie in die Präsidentengarde. Einheiten der Küstenwache sollen formiert werden. Die Ausrüstung umfasst neben etwa 25 Schützenpanzern ausschließlich leichte Waffen.
Landesnatur und Bevölkerung:
Namibia erstreckt sich zwischen den Mündungen von Kunene (im Norden) und Oranje (im Süden). Die Küstenzone am Atlantik wird von der Wüste Namib eingenommen. Ein Steilanstieg (Große Randstufe) führt zu den Hochländern des Innern (1 000-2 000 m über dem Meeresspiegel), die wiederum von Gebirgen überragt werden (Moltkeblick in den Auasbergen 2 484 m über dem Meeresspiegel). Die Hochländer dachen sich leicht gegen die Kalahari (im Osten) ab.
Der Untergrund besteht aus kristallinen Gesteinen des afrikanischen Sockels; sie werden von paläozoischen Sandsteinen, Kalken und Dolomiten, im Osten von Kalaharisanden überlagert. Höchste Erhebung des Landes ist der Brandberg (2 573 m über dem Meeresspiegel) in der Namib. Nur die Grenzflüsse Oranje, Kunene und Okawango führen ganzjährig Wasser; Swakop und Großer Fischfluss sowie alle übrigen »Riviere« nur in manchen Jahren zur Regenzeit.
Klima und Vegetation:
Das Klima ist subtropisch kontinental mit starken täglichen und jahreszeitlichen Temperaturschwankungen. Im Norden und Nordosten herrschen randtropische Verhältnisse. In der Landesmitte wird die Temperatur durch die Höhenlage gemildert (Jahresmittel: Windhuk 19,2 ºC). Die von Jahr zu Jahr stark schwankenden Regenfälle nehmen von Nordosten nach Südwesten ab (Tsumeb 572 mm, Windhuk 357 mm, Warmbad 85 mm) und setzen an der Küste fast ganz aus. Im Norden und Nordosten ist Trockenwald verbreitet, zum Teil mit Mopanebäumen, im Zentrum und Osten Dornsavanne, im äußersten Süden und an der verkehrsfeindlichen Küste Halbwüste und Wüste. Große Wildschutzgebiete sind der Etoscha-Nationalpark und der Namib-Naukluft-Nationalpark.
Die Bevölkerung setzt sich aus elf verschiedenartigen ethnischen Gruppen zusammen. Als Ureinwohner gelten die Buschleute (etwa 2 % der Bevölkerung); sie leben v. a. im Sandveld (Kalahari), zum Teil auch heute noch vom Jagen und Sammeln. Die ebenfalls zu den Khoisan gehörenden Nama (4,6 %) leben im Namaland im Süden von Schaf- und Ziegenhaltung. Die Sprache der Nama wird auch von den negriden Bergdama (Damara, 7,1 %) im mittleren Nordwesten (Damaraland) gesprochen. Die größte Gruppe (47,4 %) sind die Ambo im Norden (Ovamboland); sie gehören zu den Bantu, ebenso wie die ihnen verwandten, östlich benachbarten Kavango (8,8 %) sowie die Herero (7,1 %) im Kaokoveld, Hereroland und in der Landesmitte. Die weiße Bevölkerung (6,1 %) hat zu 60 % Afrikaans, zu 30 % Deutsch und zu 8 % Englisch als Muttersprache. Ein eigenes Volk sind die Rehobother Baster (etwa 2 %), die um Rehoboth leben. Im Osten wohnen Tswana, weitere Bantustämme im Caprivi-Zipfel. Vier Fünftel der Einwohner leben in der nördlichen Landeshälfte; weite Gebiete sind unbesiedelt. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung beträgt (1985-95) 2,7 %; der Anteil der städtischen Bevölkerung (1995) 38 %.
Es besteht Religionsfreiheit. Über 90 % der Bevölkerung sind Christen: rd. 60 % gehören protestantischen Kirchen und Gemeinschaften (Lutheraner, Reformierte, Methodisten u. a.) an, 19,8 % der katholischen Kirche, 5 % der anglikanischen Kirche; daneben bestehen etwa 100 (meist sehr kleine) unabhängige Kirchen. Namibia ist der einzige Staat in Afrika mit evangelisch-lutherischer Mehrheitsbekenntnis (51 %). Die 1994 in Namibia errichtete katholische Kirchenprovinz umfasst das Erzbistum Windhuk mit dem Suffraganbistum Keetmanshoop und das Apostolische Vikariat Rundu. Das anglikanische Bistum Namibia (Sitz: Windhuk) ist Teil der anglikanischer Kirche der Provinz Südafrika. Windhuk ist auch Sitz der kleinen jüdischen Gemeinde. Eine weitere religiöse Minderheit bilden die Bahais. Traditionelle afrikanische Religionen (rd. 5 % Anhänger) sind besonders bei den Buschleuten und im Kaokoveld bei den Himba und Tjimba verbreitet.
Schulpflicht besteht vom 7. bis 16. Lebensjahr. Der Aufbau des Primar- und Sekundarschulwesens entspricht dem Südafrikas: Primarstufe sieben Jahre, Sekundarstufe fünf Jahre. Nach der Unabhängigkeit erfolgte eine grundlegende Reformierung der Lehrpläne und -inhalte. Als Unterrichtssprache ersetzte Englisch (außer in den ersten Primarschuljahren) Afrikaans und wurde zugleich zur Nationalsprache erklärt. Die Analphabetenquote beträgt 24,2 %. Neben der Universität in Windhuk bestehen in Namibia mehrere (höhere) technische und landwirtschaftliche Schulen sowie Lehrerbildungsanstalten.
In Windhuk erscheinen vier Tageszeitungen in Englisch, Deutsch, Afrikaans und Oshivambo, daneben Wochenblätter u. a. Presseerzeugnisse. Nachrichtenagentur ist die »Namibian Press Agency« (Nampa) mit Sitz in Windhuk. 1990 wurde die Rundfunkanstalt »Namibian Broadcasting Corporation« (NBC) in Windhuk errichtet; sie verbreitet acht Hörfunkprogramme in elf Sprachen, ferner Fernsehprogramme in Englisch. 1994 nahm der erste private Rundfunksender den Betrieb auf.
Wirtschaft und Verkehr:
Auch nach der politischen Unabhängigkeit ist Namibias Wirtschaft von der Republik Südafrika abhängig. Namibia bezieht einen Großteil seiner Importe von dort einschließlich der meisten Gebrauchsgüter für den täglichen Bedarf. Jedoch bestehen für die wirtschaftliche Entwicklung Namibias sehr gute Voraussetzungen aufgrund umfangreicher Rohstoffvorkommen, reicher Fischgründe und einer guten Infrastruktur. Nach der Übernahme der Walfischbai am 1. 3. 1994 von der Republik Südafrika wurde hier ein Freihafen geschaffen und es entsteht das nationale Zentrum für Fischerei, Bergbau und Industrie. Seit 1993 hat Namibia eine eigene Währung, den Namibia-Dollar. Mit einem Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von (1995) 2 000 US-$ gehört Namibia zu den Entwicklungsländern mit mittlerem Einkommen.
Im Agrarsektor arbeiten 33 % der Erwerbstätigen; sie erwirtschaften (1995) 14 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Als Ackerland sind (1993) 662 000 ha (0,8 % der Gesamtfläche), als Weideland 52,9 Mio. ha und als Wald- und Buschland 18,4 Mio. ha ausgewiesen. Von den rd. 4 400 Farmen ist der größte Teil im Besitz von Weißen; die schwarze Bevölkerungsmehrheit lebt überwiegend von der Subsistenzlandwirtschaft. Ackerbau wird fast nur im Norden des Landes betrieben (v. a. Mais, Hirse und Weizen); der größte Anteil an Getreide, Gemüse und Obst wird aus der Republik Südafrika importiert. Weitaus wichtiger als Ackerbau ist die Viehzucht (95 % des landwirtschaftlichen Produktionswerts). Im Norden dominiert die Rinderhaltung, im Süden die Karakulschafzucht (1994: 2,0 Mio. Rinder, 2,6 Mio. Schafe, davon 20 % Karakulschafe). Lebende Rinder und Fleischprodukte werden zu 95 % in die Republik Südafrika verkauft. Trockenheit und Überweidung haben in den letzten Jahren keine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion zugelassen.
Die Fischgründe des Benguelastromes vor der namibischen Küste zählen zu den Hauptfanggebieten der internationalen Hochseefischerei. Da in den 80er-Jahren Namibias Küstengewässer sehr stark überfischt wurden, hat Namibia nach der Unabhängigkeit seine Fischereizone auf 200 Seemeilen vor der Küste ausgedehnt. Seitdem haben sich die Fischbestände wieder etwas erholt. Die Fangmenge lag 1993 bei 329 790 t (v. a. Sardinen, Pilchards, eine Heringsart, sowie Anchovis und Weißfische).
Der Bergbau ist trotz des Rückgangs seines Anteils am BIP von (1991) 32 % auf (1994) 14 % der Schlüsselsektor der namibischen Wirtschaft. Der Anteil der mineralischen Rohstoffe am Exportwert betrug 50,2 %. Am wichtigsten sind der Abbau von Diamanten, v. a. in der südlichen Namib (1995: 1,34 Mio. Karat, überwiegend Schmuckdiamanten), sowie von Uran, v. a. in der 1976 eröffneten Rössingmine bei Swakopmund, einer der größten der Erde (Produktion 1995: 2 608 t Uranoxid). Weitere Bergbauprodukte sind Zink (1995: 30 200 t), Kupfer (29 800 t), Blei (26 700 t) sowie Zinn, Vanadium, Lithium, Cadmium, Silber und Gold. Die Mine von Tsumeb im Nordosten (u. a. Kupfer, Blei, Silber und Zink) gilt als eine der reichsten der Erde. Mit (1995) 380 000 t Salz aus Meersalinen bei Swakopmund ist Namibia ein wichtiger Salzproduzent.
Die Industrie ist nur wenig entwickelt und hat einen Anteil am BIP von (1995) 29 %. Wichtigster Zweig ist die Nahrungsmittelindustrie (v. a. Fischverarbeitung, Herstellung von Fleischerzeugnissen). Nur ein geringer Teil der Bodenschätze (z. B. Kupfer, Blei) wird in Namibia selbst weiterverarbeitet.
Seit 1985 wurde ein Handelsbilanzüberschuss erzielt; 1994 betrug der Einfuhrwert 1,2 Mrd. US-$, der Ausfuhrwert: 1,3 Mrd. US-$. Wichtigste Ausfuhrprodukte sind Diamanten und Uran mit einem Exportanteil von 37 beziehungsweise 10,5 %, ferner Fisch und Rinder. Haupthandelspartner ist die Republik Südafrika vor den USA und Japan.
Verkehr:
Namibia ist verkehrsmäßig gut erschlossen. Die Hauptlinie des 2 382 km langen Eisenbahnnetzes verläuft von Nakop an der Grenze zur Republik Südafrika über Keetmanshoop, Windhuk nach Walfischbai. Das Straßennetz von rd. 42 760 km (davon 4 570 km asphaltiert) verbindet alle größeren Orte. Wichtigster Hafen ist Walfischbai. Windhuk verfügt über einen internationalen Flughafen.
Die Küste des Landes wurde Ende des 15. Jahrhunderts von Portugiesen erstmals besucht, aber erst im 18. Jahrhundert wurde die Walfischbai von Walfängern angelaufen. Vermutlich im 17./18. Jahrhundert wanderten von Norden Herero ein. Das 19. Jahrhundert war von Konflikten zwischen den Herero und den im Süden ansässigen Nama geprägt. Dabei errangen Kommandos der seit 1800 aus dem Kapland eindringenden Orlam, die von den weißen Siedlern (Buren) Bewaffnung, Militärorganisation, Sprache (Afrikaans) und zum Teil das protestantische Christentum übernommen hatten, unter den Nama die Hegemonie. Um 1830 errichtete der Orlamführer Jonker Afrikaner (* um 1790, ✝ 1861) seine Oberhoheit über den Süden und das Zentrum des Landes. 1869/70 gründete eine neue Einwanderergruppe vom Kap, die Baster, ihr unabhängiges Gebiet um Rehoboth. 1870 vermittelten evangelischen Missionare aus Deutschland einen Zehnjahresfrieden zwischen Herero und Orlam.
Am 24. 4. 1884 erklärte das Deutsche Reich die Erwerbungen des Bremer Kaufmanns Franz Adolf Eduard Lüderitz (* 1834, ✝ 1886) um Angra Pequena (später Lüderitzbucht) zum deutschen Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika und dehnte 1885 den kolonialen Besitzanspruch auf ganz Namibia aus. Ein Vertrag mit Portugal legte 1886 die Nordgrenze des Schutzgebietes am Kunene fest. Über die Grenze zu den britischen Gebieten einigten sich Großbritannien und das Deutsche Reich 1890 im Helgoland-Sansibar-Vertrag, durch den auch der nach dem amtierenden Reichskanzler benannte Caprivi-Zipfel zu Deutsch-Südwestafrika kam. 1893 ließen sich in Windhuk die ersten weißen Ansiedler nieder. Der einheimischen Bevölkerung gegenüber wurde die deutsche Herrschaft mit militärischer Gewalt durchgesetzt: Aufstände des Orlamführers H. Witbooi (1893/94), der Herero mit Teilen der Nama (Januar bis August 1904), Witboois (Oktober 1904) sowie anderer, zum Teil an keine vorkoloniale Macht gebundener Führer wie Jakob Morenga (gefallen 20. 9. 1907).
1908 wurden bei Lüderitz erste Diamanten gefunden. 1909 gewährte die deutsche Reichsregierung den etwa 12 000 deutschen Siedlern begrenzte Selbstverwaltung. Im Ersten Weltkrieg eroberten Truppen der Südafrikanischen Union die deutsche Kolonie (Kapitulation der Schutztruppe bei Otavi 9. 7. 1915), die im Friedensvertrag von Versailles 1919 an den Völkerbund abgetreten werden musste; dieser übertrug die Verwaltung 1920 der Südafrikanischen Union als C-Mandat, d. h. als Teil des eigenen Staatsgebiets unter dem Vorbehalt einer Berichtspflicht an den Völkerbund (u. a. über garantierten Schutz auch der nichtweißen Bevölkerung). Die Republik Südafrika förderte die Ansiedlung von Weißen neben den verbliebenen Deutschen, die 1932 südafrikanischen Staatsbürger mit Wahlrecht wurden. Am 29. 10. 1934 verbot die Mandatsregierung die NSDAP.
Die Südafrikanische Union (später Republik Südafrika) behandelte Südwestafrika seitdem als integrierten Bestandteil ihres Staatsgebietes und lehnte es 1945 ab, dieses Territorium in Treuhandschaft für die UNO zu verwalten. Sie führte die Politik der Apartheid auch hier durch und entwarf ein Programm (1964), die nichtweißen Volksgruppen wie in Südafrika in Homelands zusammenzufassen. Innenpolitisch organisierte sich der Widerstand gegen diese Politik v. a. in der SWAPO. Die Einbeziehung Südwestafrikas in die Apartheidgesetzgebung führte zum Konflikt zwischen der Republik Südafrika und der UNO. Nachdem der Internationale Gerichtshof in Den Haag 1966 eine Klage Äthiopiens und Liberias gegen die Republik Südafrika wegen Verletzung der Mandatspflichten aus Formgründen abgewiesen hatte, entzog die UN-Generalversammlung noch 1966 der Republik Südafrika das Mandat über Südwestafrika. Sie übernahm direkt die Verantwortung und gab dem Land den Namen »Namibia«. 1971 erklärte der Internationale Gerichtshof die Präsenz der Republik Südafrika in Namibia für völkerrechtlich illegal.
Unter dem Eindruck der Entlassung der portugiesischen Afrikabesitzungen in die Unabhängigkeit (1975) modifizierte die südafrikanische Regierung ihre Namibiapolitik, indem sie die Unabhängigkeit versprach und Apartheidgesetze abbaute (u. a. Abschaffung des Passzwanges und der Homelands). Auf der Turnhallenkonferenz ließ sie 1977 einen Verfassungs-Plan ausarbeiten, der die Bildung einer namibischen Regierung aus elf Vertretern aller ethnischen Gruppen vorsah. Aus den 1978 durchgeführten Wahlen ging die Demokratische Turnhallenallianz (DTA) als Siegerin hervor. Die SWAPO, von der UNO als einzige legitime Vertretung der Bevölkerung Namibias anerkannt, nahm an den Wahlen nicht teil, da sie das Verfassungs-Konzept der südafrikanischen Regierung ablehnte und den bewaffneten Kampf fortsetzte, den sie, unterstützt v. a. von kubanischen Streitkräften, von Angola aus führte. Nach dem Scheitern einer Namibiakonferenz in Genf (1981) setzte die SWAPO den Guerillakrieg fort. In den 80er-Jahren unternahmen südafrikanische Streitkräfte international stark umstrittene Vorstöße nach Angola gegen SWAPO-Stützpunkte. Mit dem In-Kraft-Treten eines Waffenstillstandes (August 1988) zwischen Vertretern der Republik Südafrika einerseits und solchen der SWAPO und Kubas andererseits kam der Unabhängigkeitsprozess wieder in Gang, nachdem dieser mit dem Abzug der südafrikanischen Truppen aus Namibia sowie der kubanischen Streitkräfte aus Angola verknüpft werden konnte. Am 22. 12. 1988 vereinbarten die Republik Südafrika, Angola und Kuba international überwachte freie Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung. Diese fanden im November 1989 statt; die SWAPO konnte dabei 57 %, die DTA rd. 29 % der Stimmen erringen. Nach Verabschiedung einer Verfassung im Februar 1990 wurde Namibia am 21. 3. 1990 mit S. Nujoma (SWAPO) als Staatspräsident unabhängig. Am 1. 3. 1994 wurde das bis dahin zur Republik Südafrika gehörende Gebiet Walfischbai Teil Namibias. Bei den Wahlen im November 1994 und 1999 errang die SWAPO die zu Verfassungsänderungen nötige Zweidrittelmehrheit; Präsident S. Nujoma wurde jeweils im Amt bestätigt. Neben Truppen aus Angola und Simbabwe unterstützen namibische Einheiten seit Mitte 1998 die Regierungstruppen in der Demokratischen Republik Kongo im Kampf gegen Aufständische. Wiederholt kam es seit 1998 zu blutigen Auseinandersetzungen mit den Separatisten im Caprivi-Zipfel. 1999 unterzeichneten Namibia, Angola, die Demokratische Republik Kongo und Simbabwe einen regionalen Verteidigungspakt. Die namibische Regierung unterstützt seit Dezember 1999 Angola im Kampf gegen die Rebellenorganisation UNITA, ohne jedoch Militärhilfe zu leisten. Seit die angolanische Armee namibisches Territorium als Basis für Offensiven gegen die UNITA nutzt, gab es auch in Namibia bewaffnete Auseinandersetzungen und Überfälle.
F. Jaeger: Geograph. Landschaften Südwestafrikas (Windhuk 1965);
H. Bley: Kolonialherrschaft u. Sozialstruktur in Deutsch-Südwestafrika: 1894-1914 (1968);
E. Strohmeyer u. W. Moritz: Umfassende Bibliogr. der Völker Namibiens (Südwestafrikas) u. Südwestangolas, 2 Bde. (Kampala 1975-82);
H. Leser: N. (1982);
M. Gebhardt: N.s Weg in die Unabhängigkeit. Entwicklungen u. Perspektiven. Eine Auswahlbibliogr. (1990);
F. Pyck u. A. Schwartze: N. - der lange Weg in die Unabhängigkeit. Von kolonialer Fremdherrschaft zur staatl. Souveränität (1991);
H. Vedder: Das alte Südwestafrika (Windhuk 61991);
K. Schuppert: N.-Hb. (1993);
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Na|mi|bia; -s: Republik in Südwestafrika.
Universal-Lexikon. 2012.