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Vietnam
Vi|et|nam […'na(:)m ]; -s:
Staat in Südostasien.

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Vietnam
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 331 114 km2
 
Einwohner: (2000) 78,8 Mio.
 
Hauptstadt: Hanoi
 
Amtssprache: Vietnamesisch
 
Nationalfeiertag: 2. 9.
 
Währung: 1 Dong (D) = 10 Hao = 100 Xu
 
Zeitzone: 1900 Hanoi = 1200 MEZ
 
, [vɪɛt'nam, vi'ɛtnam], amtlich vietnamesisch nuóc Cộng hòa Xã hội chu nghĩa Việt Nam, deutsch Sozialịstische Republik Vietnam, Staat in Südostasien, grenzt im Norden an China, im Osten und Süden an das Südchinesische Meer, im Südwesten an den Golf von Thailand und im Westen an Kambodscha und Laos, 331 114 km2, (2000) 78,8 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Hanoi. Zu Vietnam gehören auch die Insel Phu Quoc, die Con-Son-Inseln sowie mehrere andere kleine Inseln; Vietnam erhebt auch Ansprüche auf die Paracelinseln und die Spratlyinseln. Amtssprache ist Vietnamesisch. Währung: 1 Dong (D) = 10 Hao = 100 Xu. Uhrzeit: 1900 Hanoi = 1200 MEZ.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Nach der Verfassung vom 15. 4. 1992 ist Vietnam eine sozialistische Republik. Das neue Grundgesetz fixiert Wirtschaftsliberalisierung, zugleich aber die Beibehaltung des Machtmonopols der kommunistischen Partei. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der vom Parlament auf fünf Jahre gewählte Präsident. Er ernennt den Vizepräsidenten, den Premierminister sowie den Obersten Richter und die Staatsanwaltschaft. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (395 Abgeordnete, für 5 Jahre gewählt); Exekutivorgan ist die dem Parlament verantwortliche Regierung unter Vorsitz des Premierministers, dessen Entscheidungsbefugnis im Vergleich zur abgelösten Verfassung erweitert wurde.
 
Parteien:
 
Im Rahmen eines Einparteiensystems besitzt die Dang Cong San Viet Nam (Kommunistische Partei Vietnams, KPV; hervorgegangen aus der 1930 gegründeten KP Indochinas) das politische Führungsmonopol; sie steht auch an der Spitze der »Vietnamesischen Vaterländischen Front« (gegründet 1955). Massenorganisationen sind der Kommunistische Jugendverband Ho Chi Minh, die Vietnamesische Frauenunion und der Allgemeine vietnamesische Gewerkschaftsbund (gegründet 1976; rd. 3,8 Mio. Mitglieder).
 
Wappen:
 
Das Wappen zeigt innerhalb zweier goldener Reisgarben auf kreisrundem rotem Grund einen goldenen fünfzackigen Stern, unter diesem ein gleichfarbenes Zahnrad. Reisgarben und Zahnrad sind umschlungen von einem roten Band, das am Fuß der Darstellung den amtlichen Staatsnamen trägt.
 
Nationalfeiertage:
 
2. 9., zur Erinnerung an die Ausrufung der durch die Augustrevolution erkämpften Republik 1945.
 
Verwaltung:
 
Vietnam ist in 58 Provinzen, drei direkt der Zentralverwaltung unterstellte Städte (Hanoi, Ho-Chi-Minh-Stadt [früher Saigon], Da Nang) sowie ein Sondergebiet (Vung Tau-Con Dao) gegliedert. An der Spitze der einzelnen Gliederungen stehen Volksversammlungen und von diesen ernannte exekutive Volksausschüsse.
 
Recht:
 
Das Recht entspricht dem Vorbild sozialistischer Staaten. An der Spitze der Gerichtsorganisation steht das Oberste Volksgericht, untere Instanzen und Gerichtszweige bilden örtliche Volksgerichte, Militär- und andere Gerichte. Ferner gibt es ein System von Kontrollorganen, die die Einhaltung der Gesetze in Staat und Armee überwachen.
 
Streitkräfte:
 
Die Gesamtstärke der Wehrpflichtarmee (Dienstzeit in der Regel 24 Monate) beträgt etwa 500 000 Mann. Das Heer (rd. 450 000 Soldaten) ist in 14 Armeekorps gegliedert, die hauptsächlich über insgesamt 50 Infanterie- und sieben Pionierdivisionen, je eine Panzer- und Flugabwehrdivision sowie zahlreiche selbstständige Regimenter verfügen. Die Marine hat rd. 10 000, die Marineinfanterie rd. 25 000, Luftwaffe und Luftverteidigungskräfte je rd. 15 000 Mann. Die Ausrüstung umfasst im Wesentlichen etwa 1 500 Kampfpanzer (ältere Typen sowjetischer und chinesischer Herkunft), rd. 280 Kampfflugzeuge (Su-22, Su-27, MiG-21, MiG-23), sieben Fregatten sowie etwa 40 Kleine Kampfschiffe.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Vietnam hat eine Längserstreckung von rd. 1 750 km. Seine größte Breite erreicht es mit 600 km im Norden, es verengt sich dann im mittleren Abschnitt auf 60 km und weitet sich im Süden nochmals auf 350 km aus. Die Hauptlebensräume sind die Aufschüttungstiefländer, die Deltas des Roten Flusses im Norden (Tongking [vietnamesisch Bǎc Bô]) und des Mekong im Süden (Cochinchina [vietnamesisch Nam Bô]) mit den städtischen Zentren Hanoi beziehungsweise Ho-Chi-Minh-Stadt. Beide verbindet ein langer, schmaler Küstensaum (Annam [vietnamesisch Trung Bô]). Ein Gebirgsvorsprung bei 18º nördliche Breite (»Annamitische Pforte«) bildet die kulturgeographische Grenze zwischen dem chinesisch geprägten Stammland der Annamiten und den von ihnen später besiedelten südlicheren Küstenlandschaften, die sie den Cham und Khmer entrissen haben. Die Deltatiefländer werden durch Aufschüttungsterrassen, alte Flussarme und natürliche Uferdämme gegliedert, hinter denen sich ausgedehnte Rückstausümpfe erstrecken. Das Tongkingdelta - eingerahmt von Bergländern - wird während der monsunalen Regenzeit von starken Überschwemmungen heimgesucht. Dies erforderte umfangreiche, zum Teil schon alte, zum Teil in der Kolonialzeit erweiterte kulturtechnische Bauten für die Sicherung von Siedlung und Anbau. Das Mekongdelta, dessen Anfang bei Phnom Penh in Kambodscha liegt, hat dagegen den Vorzug einer natürlichen Regelung des Hochwasserregimes. Dank der Ausgleichswirkung des Tonle Sap wird es viel weniger als der Norden von Überschwemmungen beeinflusst. Unmittelbar neben dem Tongkingdelta steigt ein stark gegliedertes Bergland auf, das fast drei Viertel des Nordens einnimmt; durchschnittlich 1 000-1 500 m über dem Meeresspiegel, erreicht es im Fan Si Pan 3 142 m über dem Meeresspiegel. Weiter südlich verschmälert sich das Bergland und zieht als schmale Küstenkette von Annam bis 11º nördliche Breite, verbreitert sich dann erneut zu ausgedehnten Plateaus (weithin 500-1 000 m über dem Meeresspiegel, im Ngoc Linh 2 598 m über dem Meeresspiegel). Die durch zahlreiche Gebirgsvorsprünge in einzelne Küstenhöfe gegliederte annamitische Küstenebene verengt sich stellenweise bis auf nur 10 km Breite.
 
Klima:
 
Das Klima ist tropisch-monsunal; allerdings ist der Wechsel zwischen Regen bringendem sommerlichen Südwestmonsun und trockenem winterlichen Nordostmonsun nur im Süden deutlich ausgeprägt. Der Norden erhält auch während der Wintermonate Niederschläge, er wird außerdem von den kühleren nordöstlichen Luftströmungen vom Festland her stärker beeinflusst. So weist Hanoi größere Temperaturschwankungen auf (Januarmittel 17 ºC, Julimittel 29,1 ºC), Ho-Chi-Minh-Stadt kennt dagegen kaum Abweichungen vom Jahresmittel von 27 ºC. Im Mekongdelta und an der südlichen annamitischen Küste fallen jährlich zwischen 1 000 und 2 200 mm Niederschlag, im Tongkingdelta 1 000-1 900 mm. Taifune, die die Ostküste von Juni bis November heimsuchen, können Regenmengen von über 3 000 mm bringen. In den Gebirgslagen steigen die jährlichen Niederschläge auf mehr als 4 000 mm an.
 
Vegetation:
 
Die natürliche Vegetation setzt sich in den Gebirgs- und Luvlagen v. a. aus tropischen Regenwäldern, in den Leelagen der Becken und Plateaus aus Laub abwerfenden Monsunwäldern zusammen. Die Hochlagen der Gebirge im Norden tragen vielfach Nadelwälder, an den Küsten sind Mangroven verbreitet.
 
Bevölkerung:
 
87 % der Gesamtbevölkerung gehören zum Staatsvolk der früher Annamiten genannten Vietnamesen (Kinh). Ihre auf dem Nassreisanbau beruhende Lebensweise machte sie zu Tieflandbewohnern. So stehen den übervölkerten Räumen des Tongking- und Mekongdeltas mit Dichtewerten von mehr als 1 000 Einwohnern/km2 die relativ menschenarmen Bergländer gegenüber. Diese werden überwiegend von nichtvietnamesischen Minderheiten bewohnt, v. a. von Tai (besonders die rd. 1,4 Mio. Tay, 1,2 Mio. Thai, 820 000 Nung), den Vietnamesen verwandten Muong (über 1,05 Mio.), Yao und Bergstämmen (Montagnards, Moi), die teils Mon-Khmer- (z. B. Bahnar, Chamre, Koho, Sedang, Ma), teils austronesische Sprachen sprechen (z. B. Rhadé, Jarai). Weitere Bevölkerungs- Gruppen leben in den Siedlungsgebieten der Vietnamesen, v. a. die Cham (100 000), Khmer (rd. 650 000) und Chinesen (über 1 Mio., v. a. in und um Ho-Chi-Minh-Stadt). 1979 wurden insgesamt 55 nichtvietnamesische Nationalitäten gezählt.
 
Noch überwiegt bei weitem der Anteil der agrarischen Bevölkerung (72 % der Beschäftigten); rd. 20 % der Bevölkerung leben in Städten (1973 in Nordvietnam 10 %, in Südvietnam 30 %). Infolge des Krieges flüchteten bis 1975 40 % der Bevölkerung Südvietnams nach Saigon. Nach Kriegsende wurden etwa 1,6 Mio. Einwohner aus den Städten, v. a. aus Ho-Chi-Minh-Stadt (früher Saigon), zwangsweise auf das Land in »Neue Wirtschaftszonen« umgesiedelt. Viele flohen bald illegal wieder in die Städte oder ins Ausland, zum Teil in kleinen Booten über das Meer (»Boatpeople«), anfangs v. a. Chinesen. Heute leben etwa 2,2 Mio. Vietnamesen im Ausland (besonders in den USA, Kanada, Australien), nach Repatriierung kaum noch in Flüchtlingslagern.
 
Infolge der hohen Geburtenrate (1980-85 jährlich 34,8 ‰, 1996: 21 ‰; Bevölkerungswachstum 1996: 2,0 %) sind rd. 44 % der Bevölkerung unter 15 Jahre alt (Deutschland: 16 %).
 
Religion:
 
Die Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert, wird aber vom Staat als Individualrecht und somit »Privatsache« interpretiert; die Gründung religiöser Laienorganisationen und konfessioneller Schulen ist damit ausgeschlossen. Dominierende Religion ist der Mahayana-Buddhismus chinesischer Prägung, zu dem sich weit über die Hälfte der Bevölkerung bekennt. Vertreterin eines reformierten Buddhismus ist nach eignem Verständnis die 1939 gegründete Religionsgemeinschaft »Hoa Hao« (rd. 1,5 Mio. Mitglieder). Von Bedeutung sind ebenfalls der Taoismus und der Konfuzianismus. - Über 8 % der Bevölkerung sind Christen: Katholiken und rd. 700 000 evangelische Christen. Die katholische Kirche umfasst drei Erzbistümer (Hanoi, Ho-Chi-Minh-Stadt, Huê) mit 22 Suffraganbistümern. Größte protestantische Kirche ist die »Evangelikale Kirche (CMA)«, hervorgegangen aus der Missionstätigkeit der nordamerikanischen Missionsallianzkirche, der in Vietnam (ab 1911) ersten und bis 1957 in Südvietnam einzigen protestantischen Missionskirche. Im kommunistisch regierten Nordvietnam waren den christlichen Kirchen bis 1975 Missionstätigkeit und Auslandskontakte untersagt. - Die kleine muslimische Minderheit wird durch die Cham gebildet. - Traditionelle ethnische Religionen haben sich bei den Yao und den Bergstämmen erhalten. - Eine in Vietnam entstandene neue Religion ist der Caodaismus.
 
Bildungswesen:
 
Es bestehen allgemein bildende, unentgeltliche Einheitsschulen, deren Grundstufe fünf Jahre umfasst (Schulpflicht vom 7. bis 11. Lebensjahr). Die Sekundarstufe ist untergliedert in einen vierjährigen Zyklus (Abschluss der Einheitsschule) und darauf aufbauend eine dreijährige Sekundarstufe, entweder als allgemein bildende Mittelschule oder als zugleich berufsorientierte Fachmittelschule. Daneben bestehen beruflich-technische Schulen. Die Analphabetenquote beträgt 8,1 %. Die Erwachsenenbildung wird durch Alphabetisierungsprogramme gefördert. Zwei Universitäten gibt es in Ho-Chi-Minh-Stadt (gegründet 1962 und 1977), weitere in Hanoi (gegründet 1956), Can Tho (gegründet 1966) und Huê (gegründet 1988).
 
Publizistik:
 
Sämtliche Medien unterstehen der Kontrolle des Ministeriums für Kultur und Information. Presse- und Meinungsfreiheit sind grundsätzlich garantiert, unterliegen jedoch zahlreichen Beschränkungen; z. B. ist nur staatlichen und parteinahen Institutionen erlaubt, Presseorgane zu gründen. Die wichtigsten Tageszeitungen sind das KP-Parteiorgan »Nhan Dan« (»Das Volk«; Auflage 200 000) und die Zeitung der Streitkräfte »Quan Doi Nhan Dan« (»Volksarmee«; 60 000). Eigene Zeitungen geben außerdem die Stadtkomitees von Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt heraus: »Hanoi Moi« (»Neues Hanoi«; 35 000) und »Saigon Giai Phong« (»Befreites Saigon«; 100 000). Nachrichtenagenturen sind »Viet-Nam News Agency« (VNA, gegründet 1945, staatlich) und die »Vinapress« (gegründet 1988, unabhängig). Hörfunk und Fernsehen sind staatlich. Die Hörfunkanstalt »Stimme Vietnams« verbreitet fünf landesweite Inlandsprogramme und ein Auslandsprogramm; »Vietnam TV« strahlt ein zentrales Fernsehprogramm aus. Darüber hinaus gibt es in allen Provinzen regionale Hörfunk- und Fernsehsender.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Mit der Verfassung von 1992, die u. a. das Recht auf Privateigentum an Produktionsmitteln sichert, werden die 1986 eingeleiteten marktwirtschaftlichen Reformen (Doi moi) weitergeführt. Trotz drastischer Marktöffnungsmaßnahmen braucht die wirtschaftliche Entwicklung Zeit, da Privatisierungsmaßnahmen kaum voranschreiten und schwerfällige Bürokratie, Korruption, ein großer informeller Sektor, mangelhafte Infrastruktur und Mangel an Fachkräften den Aufschwung eindämmen. Auch der Zerfall der Sowjetunion und damit der Wegfall günstiger Rohstoff- und Maschinenlieferungen und Finanzhilfen sowie eine hohe Staatsverschuldung behindern den raschen wirtschaftlichen Aufschwung, der zudem von der Asienkrise indirekt betroffen ist. Gemessen am Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von (1998) 270 US-$ gehört Vietnam zu den ärmsten Ländern der Erde. Die Inflationsrate lag im Zeitraum 1986-88 im Durchschnitt bei jährlich 450 %, konnte jedoch durch konsequente Politik der Geldwertstabilisierung in den Jahren 1989-91 auf durchschnittlich 60 % gesenkt werden und betrug (1997) 5,0 %. Der Kurs der Landeswährung ist seit Anfang 1993 gegenüber dem US-$ weitgehend stabil. Die Auslandsverschuldung in konvertiblen Währungen lag (1996) bei 7,2 Mrd. US-$, die Schulden gegenüber der früheren Sowjetunion (und in ihrer Rechtsnachfolge heute Russland) beliefen sich auf 9,2 Mrd. Rubel.
 
Landwirtschaft:
 
Im Agrarsektor arbeiteten 1996 72 % der Erwerbstätigen; er trug 27,2 % zur Entstehung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei. Die landwirtschaftliche Fläche umfasst (1994) rd. 7 Mio. ha. Reis (bis zu drei Ernten jährlich) ist das mit Abstand wichtigste Grundnahrungsmittel und wird auf rd. 80 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, v. a. im Mekongdelta, angebaut. Seit 1997 steht Vietnam erstmals seit Jahrzehnten nach Thailand weltweit an 2. Stelle der Reisexporteure. Zusätzlich dient der Anbau von Mais, Hirse, Maniok, Bataten, Gemüse und Obst (v. a. Bananen, Apfelsinen, Ananas) dem Eigenbedarf. Exporterzeugnisse sind in erster Linie Reis, Kaffee und Tee, darüber hinaus Zuckerrohr, Tabak, Jute, Baumwolle, Sojabohnen, Cashew- und Kokosnüsse. Viehhaltung spielt eine große Rolle; es dominieren die Schweine-, Büffel- und Rinderzucht (Bestand 1997: 17,5 Mio., 2,9 Mio. und 3,8 Mio.).
 
Forstwirtschaft:
 
Die Waldzerstörung durch chemische Kampfmittel während des Vietnamkriegs (bis 1975), durch den Bau von Straßen und Siedlungen sowie den Abbau von Bodenschätzen hat die Waldfläche auf (1994) 9,65 Mio. ha reduziert. Der Holzeinschlag belief sich auf (1992) 26,5 Mio. m3, davon werden rd. 80 % als Brennholz genutzt.
 
Fischerei:
 
Die Erträge der Küsten- und Binnenfischerei beliefen sich nach Schätzungen auf (1994) insgesamt 912 000 t.
 
Bodenschätze:
 
Mineralische Bodenschätze finden sich fast ausschließlich im Norden des Landes. Von Wichtigkeit ist Steinkohle, deren Förderung (1994) 6,1 Mio. t betrug. Darüber hinaus werden u. a. Eisen-, Zinn-, Chrom-, Wolfram- und Manganerze sowie Apatit abgebaut. Seit Ende der 1980er-Jahre fördert das russisch-vietnamesische Jointventure »Petrovietnam« Erdöl (Fördermenge 1997: 10 Mio. t).
 
Energiewirtschaft:
 
Die Energieerzeugung basiert v. a. auf mit Kohle betriebenen Wärmekraftwerken. 1996 wurden 16 996 Mio. kWh Strom produziert. Geplant sind weitere 15 Kraftwerke.
 
Industrie:
 
Der Industriesektor (einschließlich Bergbau) beschäftigte (1990) rd. 14 % der Erwerbstätigen (davon Beschäftigtenanteil des verarbeitenden Gewerbes: 11,2 %) und erwirtschaftete (1996) rd. 30,7 % des BIP. Im Zuge marktwirtschaftlicher Reformen stieg die Industrieproduktion (1997) um 13,2 % (1992: 16,0 %) an. Infolge der Rohstoffvorkommen dominieren im Norden die Eisen- und Stahlindustrie, chemische und Baustoffindustrie, während im Süden, dem heute stark aufstrebenden industriellen Zentrum des Landes, Nahrungsmittel-, Textil- und Kunststoff- sowie Elektroindustrie vorherrschen. Hauptindustriestandorte sind Hanoi, Haiphong, Da Nang und Ho-Chi-Minh-Stadt.
 
Tourismus:
 
1997 besuchten 1,7 Mio. ausländische Gäste Vietnam (1991: 300 000). Landschaftlich reizvoll sind die Berggebiete sowie die Strände (Zentralregion und Süden); Anziehungspunkte sind ferner die historischen Sehenswürdigkeiten der Städte (Tempelanlagen, Grabbauten).
 
Außenwirtschaft:
 
Die Außenhandelsbilanz, seit 1980 durchweg negativ (Einfuhrwert 1990: 2,6 Mrd. US-$; Ausfuhrwert: 2,2 Mrd. US-$), erreichte 1992 erstmals wieder einen positiven Saldo (1996: 3,9 Mio. US-$). Die wichtigsten Exportprodukte waren (1997) Erdöl, Kohle und Textilien, importiert wurden v. a. Brenn- und Rohstoffe, Maschinen sowie Konsumgüter. Bedeutendste Handelspartner waren (1996) Japan, Singapur, Süd-Korea, Deutschland und Frankreich. Der Anteil osteuropäischer Staaten am Außenhandelsvolumen ging von (1990) 50 % auf (1991) 14 % zurück.
 
Verkehr:
 
Nach Beendigung des Vietnamkriegs war die Wiederherstellung der Infrastruktur eines der wichtigsten Ziele. Das Straßennetz wurde im Zeitraum 1976-93 von 173 000 km auf 350 000 km erweitert. Hauptverkehrsader ist zusammen mit der parallel verlaufenden Küstenstraße die 1 730 km lange Eisenbahnverbindung Hanoi-Ho-Chi-Minh-Stadt. Zu den Nachbarländern gibt es kaum Verbindungsstraßen. Der Transport auf den Binnengewässern, v. a. im Mekongdelta, ist von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Wichtigste Überseehäfen sind Haiphong, Da Nang und Ho-Chi-Minh-Stadt. Internationale Flughäfen sind in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt.
 
 
 
Auf dem Gebiet des heutigen Vietnam bestand im Süden vom 2. bis 6. Jahrhundert das Reich Funan, nördlich anschließend bis zur Landesmitte vom 2. bis 15. Jahrhundert das von den Cham getragene Reich Champa. Der Beginn der Geschichte der Vietnamesen ist dagegen schwer zu erfassen. Sie traten zuerst im Deltabereich des Roten Flusses auf. Ihr Name (älteste Form Lac, Lac Viet) ist mit der frühesten Bronzekultur Südostasiens verknüpft, der Dongsonkultur (1. Jahrtausend v. Chr., Ursprung in Nordvietnam), doch reichen die Wurzeln ihrer Kultur bis in die Jungsteinzeit zurück. Als erster vietnamesischer Staat gilt das halblegendäre Königreich Van Lang mit Zentrum im Delta des Roten Flusses (7.-3. Jahrhundert v. Chr., nach der mythischen Überlieferung im Jahr 2879 v. Chr. gegründet), für dessen Existenz archäologische Spuren Anhaltspunkte geben. Gegen Ende der Dongsonkultur entstanden im südchinesisch-nordvietnamesischen Raum die ersten geschichtlichen Reiche, so Au Lac (um 210-179 v. Chr., Hauptstadt Co Loa, 20 km nördlich von Hanoi) und Nam Viet (chinesisch Nanyue, 207-111 v. Chr., Hauptstadt bei Kanton). Beide waren von China unabhängig und gehörten kulturell noch immer der Dongsonkultur an. Au Lac, von Invasoren aus Südchina begründet, trat an die Stelle des Reichs Van Lang und wurde selbst kurz nach 179 v. Chr. von Nam Viet erobert. Dieses erstreckte sich nun vom Gebiet des heutigen chinesischen Kanton bis etwa zum heutigen vietnamesischen Da Nang. 111 v. Chr. wurde es von China annektiert und erhielt den Status einer Provinz. Damit begann die tausendjährige chinesische Herrschaft über die Vietnamesen, während der es aus Widerstand gegen eine Assimilierung zu vielen Revolten kam. Nach dem Aufstand der Schwestern Trung (40-43) wurde die chinesische Herrschaft über die Provinzen direkter ausgeübt. Es folgte die Sinisierung der vietnamesischen Oberschicht (Einführung der chinesischen Schrift, des Buddhismus, der konfuzianischen Ethik). 679-939 wurden Teile des heutigen Annam und Tongking von China als Generalprotektorat Annam verwaltet; Hauptstadt und Sitz des chinesischen Gouverneurs war seit 767 Dai La (La Thanh, Dai La Thanh, an der Stelle des späteren Hanoi).
 
 Das Reich von Annam
 
Erst nach dem Zusammenbruch des chinesischen Tangreiches im 10. Jahrhundert gelang es den Vietnamesen, die Vorherrschaft des »Reiches der Mitte« zu beenden und mehrere Gebiete zum Reich von Annam (Reichsname Dai Co Viet, Hauptstadt Hoa Lu, etwa 65 km südlich von Hanoi) zu vereinigen (968). 972 wurden »Tributbeziehungen« zu China aufgenommen. Aus dem buddhistischen und taoistischen Klerus bildete sich ein Beamtenapparat. Unter der frühen Dynastie Le (980- 1009) verteidigte das Reich sich gegen China und griff nach Champa aus. Unter der späten Dynastie Li (Ly, 1009-1225; eine frühe Lidynastie hatte sich 542-602 durch einen Aufstand etablieren können) wurde die Verwaltung zentralisiert (u. a. Einführung einer festen Rangordnung für Beamte, von Staatsexamina und einer allgemeinen Wehrpflicht). Die Herrschaft der Li war auch eine Blütezeit des Buddhismus (Sammlung heiliger Texte) und der Kunst. Residenz war Thang Long (wörtlich: »aufsteigender Drache«, heute Hanoi). 1069 wurden die nördlichen Gebiete Champas annektiert; Li Thanh Tong (1054-72) nahm den Titel eines Kaisers von Dai Viet (»Groß-V.«, Reichsname bis 1804) an.
 
Die folgende Trandynastie (1225-1400) wehrte 1257, 1284 und 1287 die Mongolen (chinesische Yuandynastie) ab. Die reformistische Hodynastie (seit 1400) wurde schon 1406/07 von den Chinesen gestürzt, die das Land eroberten. Nach ihrer Vertreibung kam die späte Ledynastie (1428-1788) an die Macht. Ihre lange Herrschaftsperiode, nur im 16. Jahrhundert unterbrochen, wird als goldenes Zeitalter vietnamesischer Kultur und Geschichte angesehen. Außenpolitisch gelang 1471 die Unterwerfung Champas.
 
Ende des 16. Jahrhunderts setzte der Aufstieg der beiden mächtigen Feudalgeschlechter Trinh und Nguyen ein. Die Trinh verwalteten als Reichsverweser, nominell im Auftrag des Kaisers, den Nordteil des Landes mit der Hauptstadt Thang Long, die Nguyen bauten den südlichen Teil zu einem unabhängigen Herrschaftsgebiet aus; Hauptstadt war ab 1687 Phu Xuan (Huê). Die rivalisierenden Familien wurden von europäischen Großmächten (Portugal, Frankreich) unterstützt. Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Zweiteilung des Landes beendet. 1802 besiegte Nguyen Anh aus dem Nguyen-Geschlecht mit französischer Hilfe die kurzzeitig regierende Dynastie Tay Son und bestieg als Kaiser Gia Long (bis 1820) den Thron. Unter ihm dehnte sich das Reich (Staatsname seit 1804 Viet Nam; Hauptstadt Huê) erstmals in seiner Geschichte vom Roten Fluss bis zum Mekongdelta aus. Die Politik seiner Nachfolger führte zur Konfrontation mit Frankreich, das den südlichen Landesteil bis 1867 eroberte (französische Kolonie Cochinchina). Annam und Tongking wurden 1883/84 zu französischen Protektoraten und 1887 mit Cochinchina und Kambodscha zur »Union von Indochina« (Indochina) vereint.
 
 Kolonialzeit und Indochinakrieg
 
Nach der Niederwerfung des Aufstands von 1908 leitete Frankreich wirtschaftliche Reformen ein. Generalgouverneur A. Sarraut führte den Schulunterricht für Einheimische ein. 1926 erhielten Annam und Tongking Parlamente mit beratender Funktion. Die Maßnahmen der Kolonialmacht konnten jedoch das Entstehen einer Unabhängigkeitsbewegung nicht verhindern. Ihr radikaler Flügel löste den Aufstand von 1930 aus. Nach dessen blutiger Unterdrückung und der Zerschlagung der von einer schmalen bürgerlichen Schicht getragenen nationalistischen Gruppen übernahm die von Ho Chi Minh 1930 gegründete KP Indochinas die Führung der Unabhängigkeitsbewegung.
 
Nach der Niederlage Frankreichs im Zweiten Weltkrieg musste die französische Regierung unter P. Pétain im September 1940 die japanische Besetzung Tongkings zulassen. 1941 gründete Ho Chi Minh die kommunistisch beherrschte Bewegung Vietminh, Vo Nguyen Giap baute deren Guerillaverbände auf. Am 8. 3. 1945 ließ die japanische Besatzungsmacht, die inzwischen die französischen Kolonialbehörden in ganz Indochina entmachtet hatte, die Bildung eines Staates »Vietnam« aus Tongking, Annam und Cochinchina unter Kaiser Bao Dai zu.
 
Nach der Kapitulation Japans (August 1945) setzte der Vietminh Bao Dai am 25. 8. 1945 ab; am 2. 9. 1945 proklamierte Ho Chi Minh in Hanoi die Demokratische Republik Vietnam, deren Präsident und Regierungschef er wurde. Im September 1945 kehrten die Franzosen nach Indochina zurück. Ihr Vertrag mit Ho Chi Minh (6. 3. 1946 konnte aber die Meinungsverschiedenheiten über die staatliche Zukunft Vietnams nicht beseitigen. Der Vietminh wollte die »Befreiung«, Frankreich aber eine partielle Rekolonisierung. Mit der französischen Kanonade von Haiphong (23. 11. 1946) begann der Indochinakrieg.
 
Noch während des Krieges versuchte Frankreich, 1949/50 Vietnam als assoziierten souveränen Staat (Hauptstadt Saigon) in die Französische Union aufzunehmen (mit Bao Dai als »Staatschef«). Während die USA und Großbritannien das Regime in Saigon anerkannten, stellten sich die Volksrepublik China und die Sowjetunion (im Januar 1950) offiziell hinter die Regierung unter Ho Chi Minh. Seit 1950 gingen die Vietminh-Verbände immer stärker zur Offensive gegen französische Stützpunkte über. Im Frühjahr 1954 konnten sie den französischen Kolonialstreitkräften bei Dien Bien Phu eine vernichtende Niederlage zufügen. Auf der Genfer Indochinakonferenz (Genfer Konferenzen) erklärte sich Frankreich zum Rückzug bereit. Bis zur Abhaltung von Wahlen in ganz Vietnam sollten sich die kommunistischen Kräfte in eine nördliche, die nichtkommunistische Kräfte in eine südliche Zone Vietnams zurückziehen. Zwischen beiden Gebieten lag beiderseits des 17. Breitengrades eine neutrale Zone.
 
 
In der nördlichen Zone baute die Vietminh-Bewegung die Demokratische Republik Vietnam nach dem Muster einer Volksdemokratie auf. An der Spitze der Vietnamesischen Nationalen Einheitsfront übte die kommunistische Lao Dong (deutsch »Partei der Vietnamesischen Werktätigen«) die alleinige Macht aus. Staats- und Parteichef war Ho Chi Minh, Ministerpräsident (ab 1955) Pham Van Dong.
 
Noch vor der kommunistischen Machtergreifung setzte eine Massenflucht von Nordvietnamesen, meist Bauern und Handwerkern, nach Süden ein. Die Mehrzahl von ihnen waren Katholiken. Die kommunistische Regierung setzte - auch unter Anwendung gewalttätiger Mittel - eine Bodenreform durch. Unter rigorosem Einsatz von Menschen leitete sie die Industrialisierung Nordvietnams ein und erhielt dabei umfassende Unterstützung von der Volksrepublik China und den europäischen Ostblockstaaten, besonders der Sowjetunion. Die Chinesen leisteten auch militärische Hilfe. Die Regierung Nordvietnams, die sich als einzige legitime Vertreterin gesamtvietnamesischer Interessen betrachtete, stützte und lenkte von Anfang an die kommunistische Rebellenbewegung (Vietcong) in der unter dem Schutz der USA in der südlichen Zone entstandenen Republik Vietnam. In wachsendem Maße sandte die nordvietnamesische Regierung Truppen über den Ho-Chi-Minh-Pfad in das südliche Vietnam. Im Zuge der Ausweitung des Bürgerkriegs zwischen Nord- und Südvietnam zu einem internationalen militärischen Konflikt (Vietnamkrieg) geriet die Demokratische Republik Vietnam immer mehr auf Konfrontationskurs mit den USA, die sich aufseiten der Republik Vietnam im Süden des Landes engagierten. Seit 1965 wurde Nordvietnam durch amerikanische Flächenbombardierungen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Nach langen Bemühungen um die Beilegung des Krieges konnten die Demokratische Republik Vietnam und die USA 1973 einen Waffenstillstand unterzeichnen. Im ideologischen Konflikt zwischen den sowjetischen und chinesischen Kommunisten suchte Ho Chi Minh einen Mittelkurs zu steuern. Nach seinem Tod (1969) wurde Le Duan Führer der Partei, Ton Duc Thang (* 1888, ✝ 1980) wurde Staatspräsident.
 
 
Im Juni 1954 wurde Ngo Dinh Diem Ministerpräsident der Republik Vietnam. Diplomatisch unterstützt von den USA, erkannte seine Regierung die Vietnam betreffenden Beschlüsse der Genfer Indochinakonferenz nicht an. V. a. lehnte er gesamtvietnamesische Wahlen ab, da er eine kommunistische Machtübernahme in ganz Vietnam befürchtete. Mit amerikanischer Hilfe baute er einen antikommunistischen Staat auf, in den er die nordvietnamesischen Flüchtlinge eingliederte. Mit der Unterwerfung der militärisch organisierten Sekten (1954/55; u. a. Caodai, Caodaismus) gelang ihm zunächst eine Festigung des südlichen Vietnam als Staat. 1955 setzte er Bao Dai ab, rief die Republik aus und wurde selbst Staatspräsident. Mit starker waffentechnischer und personeller Hilfe der USA suchte er seit 1957/58 den Aufstand der Vietcong zu unterdrücken. Das Ausbleiben einer Bodenreform, die zunehmende Diktatur Ngo Dinh Diems, Korruption und Nepotismus führten den Vietcong und ihrer politischen Organisation, der Nationalen Befreiungsfront Südvietnams (gegründet 1960), jedoch ständig Anhänger zu. Die Spannungen zwischen dem katholischen Präsidenten und den Buddhisten Südvietnams weiteten sich 1963 zu einer Staatskrise aus, als Ngo Dinh Diem die religiösen und politischen Forderungen der Buddhisten zu unterdrücken suchte. Es kam zu Selbstverbrennungen buddhistischer Mönche und Nonnen. Am 1. 11. 1963 stürzte die Armee unter General Duong Van Minh (* 1916) mit Duldung der USA die Regierung Ngo Dinh Diem in einem blutigen Staatsstreich. Die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt. Nach einer Periode häufig wechselnder Regierungen übernahm am 20. 5. 1965 ein Offiziersdirektorium die Macht. Staatspräsident wurde Nguyen Van Thieu, Ministerpräsident Nguyen Cao Ky (* 1930; im Amt 1965-67).
 
Auf Ersuchen Südvietnams waren die USA 1964/65 direkt in den Krieg eingetreten, um eine kommunistische Machtübernahme zu verhindern. 1966 kam es unter Führung buddhistischer Mönche zu regierungsfeindlichen Unruhen, besonders in Huê und Da Nang, an denen sich auch Teile der Streitkräfte beteiligten. Nach der Verabschiedung einer neuen Verfassung (1967) suchte Nguyen Van Thieu mithilfe der USA, bis 1973 Hauptträger des Vietnamkrieges, - auf Dauer vergeblich (besonders nach 1973) -, die von ihm geführte Republik Vietnam zu erhalten. Nach ihrem Zusammenbruch (30. 4. 1975 und der Machtübernahme der von den Vietcong 1969 gebildeten, von Nordvietnam gelenkten Provisorischen Revolutionsregierung Südvietnams vereinigten sich 1976 Nord- und Südvietnam zur Sozialistischen Republik Vietnam (seit 1977 Mitglied der UNO).
 
 Das wieder vereinigte Vietnam
 
Staatspräsident wurde Ton Duc Thang, Ministerpräsident Pham Van Dong; Vertreter des Südens wurden formal in die Regierung aufgenommen. Im Zuge der gewaltsamen Revolutionierung der südvietnamesischen Gesellschaft hatte die Provisorische Revolutionsregierung Südvietnams bereits 1975 nach ihrer Machtübernahme Amtsträger und Anhänger der gestürzten Republik Vietnam aus der Verwaltung Südvietnams entfernt und in »Umerziehungslager« eingewiesen. Die Kommunistische Partei Vietnams (KPV; bis 1976 Partei der Vietnamesischen Werktätigen), die unter Führung von Le Duan stand, wurde gemäß der Verfassung der Sozialistischen Republik Vietnam die allein maßgebliche Kraft in ganz Vietnam; die von ihr ausgeübte »Diktatur des Proletariats« wurde als Grundsatz der politischen Willensbildung in der Verfassung verankert. Neben der Angleichung des südvietnamesischen Wirtschaftssystems an das von Nordvietnam vorgegebene System der Planwirtschaft sah sich die Regierung vor die Aufgabe gestellt, den Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Wirtschaft einzuleiten und ein Millionenheer von Arbeitslosen, demobilisierten Soldaten und anderen Entwurzelten wieder einzugliedern; ein seit 1964 bestehendes Wirtschaftsembargo der USA erschwerte die Situation zusätzlich. Unter politisch-ideologischen wie unter wirtschaftspolitischen Aspekten führte die Regierung ein Umsiedlungsprogramm durch, u. a. die zwangsweise Ansiedlung von über 1 Mio. Bewohnern Saigons (seit 1976 Ho-Chi-Minh-Stadt) in neuen Wirtschaftszonen. Hunderttausende Vietnamesen flohen über See ins nichtkommunistische Ausland (Boatpeople). Im ideologisch-machtpolitischen Streit zwischen der Volksrepublik China und der Sowjetunion stand Vietnam, besonders seit Abschluss des vietnamesisch-sowjetischen Freundschafts- und Kooperationsvertrags (1978) und dem Beitritt zum RGW (1978), auf sowjetischer Seite. Nach Spannungen mit dem von den Roten Khmer regierten Kambodscha ließ Vietnam im Dezember 1978 dort Truppen einmarschieren und setzte Anfang Januar 1979 eine kommunistische Regierung ein. Die vietnamesischen Besatzungstruppen sahen sich bis zu ihrem Abzug (1989) mit Guerillaaktionen der Roten Khmer und anderer kambodschanischer Widerstandsgruppen konfrontiert. Im Februar/März 1979 sowie im April 1984 kam es zu chinesisch-vietnamesischen Grenz- und Seekriegsauseinandersetzungen.
 
1980 trat eine neue Verfassung, 1985 eine Währungsreform in Kraft. Nach dem Tod Le Duans (Juli 1986) wählte der Parteitag im Dezember 1986 Nguyen Van Linh zum Generalsekretär der KPV, der 1991 von Do Muoi (* 1917) abgelöst wurde. Nachdem der VI. Parteitag der KPV (1986) eine Wirtschaftsreformpolitik beschlossen und der VII. Parteitag (1991) den »Sozialismus« neu definiert hatte, wurde 1992 eine neue Verfassung erlassen und auf dem VIII. Parteitag (1996) ein Perspektivplan bis 2020 verabschiedet. Unter KP-Generalsekretär Do Muoi (1988-91 zugleich Regierungschef) und Ministerpräsident Vo Van Kiet (* 1923; im Amt 1991-97) suchte Vietnam besonders unter dem Eindruck der weltpolitischen Veränderungen den Weg von der sozialistischen Planwirtschaft zur »sozialistischen Marktwirtschaft« einzuschlagen (vergleiche Abschnitt zur Wirtschaft), hielt allerdings politisch am unbedingten Herrschaftsmonopol der KP fest. 1992-97 war Le Duc Anh Staatspräsident. Unzufriedenheit der Landbevölkerung und die Korruption lokaler KP-Funktionäre führten 1997 zu zahlreichen Bauernprotesten. Im selben Jahr wurde auch eine Parteisäuberung durchgeführt.
 
Außenpolitisch normalisierte Vietnam im November 1991 seine Beziehungen zur Volksrepublik China (1999 Abkommen über die Landesgrenze und 2000 über die jahrzehntelang umstrittene Seegrenze im Golf von Tongking). Im Februar 1994 hob der amerikanische Präsident B. Clinton das seit 1964 bestehende Wirtschaftsembargo gegen Vietnam auf und nahm im Juli 1995 die diplomatischen Beziehungen seines Landes zu Vietnam wieder auf (im November 2000 der seit dem Ende des Vietnamkrieges erste Staatsbesuch eines amerikanischen Präsidenten). Im Juli 1995 trat Vietnam der ASEAN-Staatengruppe bei; ein mit der EU im selben Monat abgeschlossenes Handels- und Kooperationsabkommen enthält Vereinbarungen u. a. über Flüchtlingsfragen und Umweltschutz, über Investitionsförderung, Marktzugang, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Menschenrechte. - 1997 kam es zu einem Wechsel in der vietnamesischen Partei- und Staatsführung: Im September wurde Tran Duc Luong (* 1937) Staatspräsident, Phan Van Khai (* 1933) Regierungschef und im Dezember Le Kha Phieu (* 1931) Generalsekretär der KP. Die neue Führung, die im Rahmen einer Massenamnestie (1998) auch Dissidenten freiließ, bekräftigte die Absicht einer Fortführung des Wirtschaftsreformprozesses, der allerdings nur schleppend vorankam. Im Januar/Februar 2001 kam es in der von Minderheiten bewohnten Bergregion der Provinz Gia Lak und Dak Lak zu schweren ethnisch-sozialen Unruhen. Im April 2001 wurde Le Kha Phieu durch den als Reformer geltenden, bisherigen Präsidenten der Nationalversammlung Nong Duc Manh (* 1940) im Amt des KPV-Generalsekretärs abgelöst. Im Juli 2002 bestätigte das Parlament sowohl Staatspräsident Tran Duc Luong als auch Ministerpräsident Phan Van Khai für weitere fünf Jahre in ihren Funktionen.
 
 
L. Cadière: Croyances et pratiques religieuses des Vietnamiens, 3 Bde. (Paris 1956-59);
 R. Zell: Entwicklungsformen der Territorialgemeinschaft in V. im 19. u. 20. Jh. (1973);
 W. J. Duiker: The rise of nationalism in V.: 1900-1941 (Ithaca, N. Y., 1976);
 W. J. Duiker: The communist road to power in V. (Boulder, Colo., 1982);
 W. J. Duiker: V. Nation in revolution (ebd. 1983);
 D. G. Marr: Vietnamese anticolonialism: 1885-1925 (Neuausg. Berkeley, Calif., 1980);
 G. C. Hickey: Free in the forest. Ethnohistory of the Vietnamese central highlands 1954-1976 (New Haven, Conn., 1982);
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 K. W. Taylor: The birth of V. (Berkeley, Calif., 1983);
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 Vũ Tu Lâp u. C. Taillard: Atlas du Viêt-Nam (Montpellier 1994);
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 H. G. Summers: Historical atlas of the Vietnam War (Boston, Mass., 1995);
 Hung Truong Cong: Transformation in V. Reformpolitik, Ergebnisse u. Herausforderungen (1996);
 K. Kurths: Private Kleinbetriebe in V. (1997);
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 P. Wolff: V. - die unvollendete Transformation (1997).

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Vi|et|nạm [vi̯ɛ...; auch: '- -]; -s: Staat in Südostasien.

Universal-Lexikon. 2012.