Alte Welt (umgangssprachlich); der Schwarze Kontinent
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Af|ri|ka ['a:frika , auch, österr. u. schweiz. nur: 'af… ]; -s:
drittgrößter Erdteil.
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Afrika,
ein Erdteil der »Alten Welt«. Der Name stammt von den Römern, die das Land um Karthago nach dem dort lebenden Stamm der Afri (Singular: Afer) Africa nannten; später wurde der Name auf das ganze südliche Küstenland des Mittelmeers, im Zeitalter der Entdeckungen auf den ganzen Kontinent ausgedehnt. Mit einer Gesamtfläche von rd. 30 Mio. km2 umfasst er ein Fünftel der Landfläche der Erde (und entspricht der dreifachen Fläche Europas). In Afrika leben (1993) 707 Mio. Menschen.
Afrika erstreckt sich 8 000 km von Norden nach Süden (von 37º 20' nördliche Breite bis 34º 52' südliche Breite) und über 7 600 km von Westen nach Osten (von 17º 33' westliche Länge bis 51º 23' östliche Länge). Unter allen Erdteilen hat Afrika die am wenigsten gegliederte Küste. Durch den auf der Westseite tief, aber mit flacher Kurve eingreifenden Golf von Guinea wird es in einen Nordteil von breiter, trapezförmiger Gestalt und einen schmaleren, etwa dreieckigen Südteil gegliedert. Halbinseln sind kaum angedeutet (Somalihalbinsel im Osten). Auch an Inseln ist Afrika arm. Als einzige große Insel ist im Südosten auf eigenem untermeerischen Sockel Madagaskar vorgelagert, an das sich in weitem Bogen die Gruppen der Komoren, Amiranten, Seychellen im Norden und der Maskarenen im Osten anschließen. Vor der Westküste liegen die vulkanischen Inselgruppen der Kanaren und Kapverden, im Golf von Guinea die Vulkaninseln Bioko, Príncipe, São Tomé und Pagalu, vor der Somalihalbinsel Sokotra. Sonst besitzt Afrika nur Küsteninseln wie Unguja Island (früher Sansibar) und Pemba im Osten.. Die fern im Atlantischen Ozean liegenden kleinen Felseninseln Sankt Helena, Ascension, Tristan da Cunha und die Insel Gough werden meist auch Afrika zugerechnet.
Von Europa wird Afrika durch die Einbruchsbecken des Mittelmeers getrennt; in der Straße von Gibraltar kommt es ihm auf 14 km nahe. Die Entfernung zwischen Sizilien und Afrika beträgt etwa 140 km. Mit Asien hängt Afrika an der 116 km breiten Landenge von Suez unmittelbar zusammen; im Übrigen ist es durch den lang gestreckten Graben des Roten Meeres von ihm getrennt. An dessen Südende nähern sich beide Erdteile nochmals auf 26 km (Meerenge Bab el-Mandeb).
OBERFLÄCHENGESTALT
Das Relief Afrikas wird weitgehend von weit gespannten Rumpfflächen und Tafelländern bestimmt, die im Süden und Osten im Mittel über 1 000 m über dem Meeresspiegel ansteigen. Die Hälfte der Fläche liegt unter 500 m über dem Meeresspiegel, doch sind eigentliche Tiefebenen wenig vertreten. Die Küsten sind großenteils Steilküsten, besonders im Norden und Süden, in den Tropen streckenweise mit Mangrovensümpfen und vorgelagerten Korallenriffen, sonst flach und sandig mit starker Brandung; weite Deltaküsten bilden die großen Flüsse Nil, Niger und Sambesi.
Abgesehen vom jungen Atlasgebirge, das geologisch zum alpidischen System Europas gehört, besteht Afrika aus einem alten Sockel, der von flachen Schwellen (Zentralsaharanische, Ober- und Niederguinea-, Asande- und Lundaschwelle) großräumig in Becken gegliedert wird: in dem weiten Tafelland der Sahara abflusslose Becken, in der Sudanzone Niger-, Tschad- und Weißnilbecken, in Mittelafrika das riesige Kongobecken, im Süden das Kalaharibecken, das im Südosten von einem alten Gebirgssystem, den Drakensbergen, umgeben ist. Den Osten Afrikas, vom Roten Meer bis zum Sambesi, durchzieht das Ostafrikanische Grabensystem mit Tanganjika- und Malawisee; es ist von Vulkanen begleitet, darunter die höchsten Berge Afrikas (Kilimandscharo, Mount Kenya). Der größte See Afrikas ist der Victoriasee im Osten; größter abflussloser See ist der Tschadsee. Die Flüsse der Winterregengebiete (Atlasländer, südafrikanische Kapregion) führen periodisch Wasser, in den Wüsten gibt es nur episodisch durchflossene Täler (Wadis, Riviere). In abflusslosen Becken bilden sich durch die hohe Verdunstung ausgedehnte Salzpfannen (Schotts, Sebchas). Im tropischen Feuchtgebiet entwickelten sich mächtige Ströme, die mit Katarakten und Wasserfällen die Beckenränder durchbrechen: Nil, Kongo, Sambesi und Niger.
Infolge seiner Lage beiderseits des Äquators zeigt Afrika die Klimazonen in nahezu idealer Anordnung. Die äquatoriale Tropenzone mit Regen zu allen Jahreszeiten weist Regenwald auf (Guineabucht, nördlicher Kongobecken). Nördlich und südlich schließen sich Zonen mit zwei Regenzeiten während des höchsten Sonnenstandes an, getrennt durch eine kurze Sommer- und eine lange Wintertrockenzeit. Hier herrschen Savannen vor, zunächst Feuchtsavanne mit immergrünen Bäumen und Hochgrasfluren; zu den Randtropen hin (Sudanzone, Sambesihochland) vereinigen sich beide Regenzeiten zu einer einzigen (im Sommer), die mit wachsendem Abstand vom Äquator immer geringere Niederschlagsmengen bringt; Trocken-, dann Dornsavannen gehen in der Sahelzone schließlich in die subtropisch-randtropischen Trockengebiete der Sahara und im Süden in die Namib und die Kalahari mit nur noch episodischen Niederschlägen über. Teile des ostafrikanischen Hochlands (Kenia, Tanganjika) und besonders das Horn Afrikas (Somalihalbinsel) sind Trockengebiete, in denen trotz äquatornaher Lage die tropischen Sommerregen weitgehend fehlen oder zu gering sind. Die Küstengebiete des Mittelmeers, besonders die Atlasländer, Cyrenaika, das Nildelta sowie Teile des Kaplandes sind im Sommer unter dem Einfluss von Hochdrucklagen trocken und heiß, erhalten aber mehr Niederschläge im kühlen Winter und mäßig warmen Frühjahr. Die aridesten Gebiete, die zu den heißesten der Erde gehören, liegen in der zentralen und östlichen Sahara und an der Küste des Roten Meeres. Die Westküste ist durch kalte Meeresströmungen (im Norden Kanarenstrom, im Süden Benguelastrom) und kalte Auftriebswässer (daher häufig neblig) kühler als die Ostküste, an der der warme Agulhasstrom (im Süden) entlangzieht. Im Binnenland wird mit steigender Meereshöhe die Wärme durch die nächtliche Abkühlung gemildert und infolge größerer Trockenheit erträglicher. Teile des Äthiopischen Hochlandes und die höchsten Gebirgsstöcke reichen in die kühlere Höhenzone mit Schneefall, der das Tiefland nur am äußersten Nord- und Südrand des Kontinents noch gelegentlich erreicht; nur die höchsten Gipfel, Kilimandscharo, Mount Kenya und Ruwenzori, tragen Firn- und Gletscherkappen. Im Ganzen ist Afrika ein trockener Erdteil; Wassermangel ist eines der größten Probleme in vielen Ländern Afrikas. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass es im Pleistozän zeitweise humider war (siehe Abschnitt Vorgeschichte). Durch Vernichtung der Vegetation als Folge falscher Nutzung (z. B. Überweidung) trägt der Mensch zur Verwüstung (Desertifikation) großer Areale, besonders im Wüstenrandgebiet (Sahel), bei. Dies führt regelmäßig v. a. in der Sahelzone zu Hungersnöten.
Der größte Teil der Pflanzenwelt gehört zum Florenreich der Paläotropis. Der Nordsaum ist nach seinem Florenbestand Teil der Holarktis und der äußerste Südwesten, der dem Norden vergleichbare klimatische Bedingungen aufweist, bildet das kleinste, aber sehr artenreiche Florenreich der Capensis.
Der Norden ist durch mediterrane Vegetation charakterisiert. In den Wäldern der niederen Gebirgsstufen des Atlas herrschen Steineiche (Quercus ilex), Phoeniz. Wacholder (Juniperus phoenicea) und Gegliederte Schmuckzypresse (Tetraclinis articulata) vor, während in den höheren Lagen v. a. Weihrauchwacholder (Juniperus thurifera) und Zedernarten (Cedrus atlantica, Cedrus libani) wachsen.
Der nördliche Teil der Sahara, der größten subtropischen Wüste, gehört noch zur Holarktis, der südliche Teil hingegen zur Paläotropis. Der Übergang zur Paläotropis ist gekennzeichnet durch den Eisenholzbaum (Argania spinosa) und Wolfsmilchgewächse. Die Halbwüsten- und Wüstenvegetation ist dürftig. Sie geht nach Süden hin in Savannen, Grasfluren mit unterschiedlichem Baumbewuchs, über. Je nach Niederschlagsverteilung unterscheidet man Dorn- und Sukkulentensavanne - charakteristisch hierfür sind Wüstenrose (Adenium obesum) und Affenbrotbaum (Adansonia digitata) -, Trocken- und Feuchtsavanne. Allen gemeinsam sind zahlreiche Akazienarten mit zum Teil schirmförmiger Krone und Wolfsmilchgewächse. Die Galeriewälder an den Flussläufen der Savannen sind kleine Feuchtwaldgebiete (extrazonale Vegetation).
Weiter südlich schließen sich die halbimmergrünen Wälder an, deren oberste Baumschicht von Laub abwerfenden Gehölzen gebildet wird. Diese leiten über zur üppigsten Vegetationsform Afrikas, dem immergrünen tropischen Regenwald des Kongobeckens und der westwärts anschließenden Guineaküste.
Südlich des Äquators wiederholt sich diese Gliederung grundsätzlich. Besonders hervorzuheben sind die Miombowälder der wechselfeuchten Region sowie die Vegetation von Namib und Karru im südwestlichen Afrika. In diesen beiden Trockengebieten haben sich im Gegensatz zur Sahara eine Fülle eigenartiger Lebensformen durch Anpassung an die Trockenheit entwickelt, z. B. Pflanzen mit großen, Wasser speichernden Knollen oder sukkulenten, fast ganz in die Erde versenkten Blättern. Beispiele sind die blattsukkulenten Mittagsblumengewächse (Aizoaceae - viele von ihnen als »lebende Steine« bekannt) und die in der zentralen Namib vorkommende Welwitschia mirabilis.
Die zur Capensis gehörende winterharte Hartlaubvegetation des Kaplandes ist gekennzeichnet durch Heidekrautgewächse (Ericaceae) und Proteaceae.
Die Küste im Innern des Golfes von Guinea und in Teilen Ostafrikas werden von ausgedehnten Mangrovebeständen eingenommen.
In den Gebirgen Ost- und Nordostafrikas finden sich Gebirgsnebelwälder mit Kosobaum (Hagenia abyssinica), Baumheide (Erica arborea), Bergbambus (Arundinaria alpinia) und Steineibenarten (Gattung: Podocarpus).
Oberhalb der Baumgrenze ab etwa 3 500 m über dem Meeresspiegel schließt sich die afroalpine Stufe an, in deren Grasfluren die Wollkerzengewächse besonders auffallen.
Nördlich der Sahara wird die Tierwelt dem Faunenreich der Paläarktis zugeordnet. Sie hat dort überwiegend mediterranen Charakter. Typisch für diese Region ist der Atlashirsch, der jedoch vom Aussterben bedroht und nur noch in Schutzgebieten zu finden ist; der Berberlöwe wurde schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts ausgerottet.
Die Sahara, die den Übergang zwischen Paläarktis und der den restlichen afrikanischen Kontinent umfassenden Äthiopis bildet, ist aufgrund der extremen Lebensbedingungen sehr artenarm. Dies gilt weitgehend auch für die südlich des Äquators gelegenen Wüsten und Halbwüsten. Gut angepasste Wüstentiere sind die Mendesantilopen (vom Aussterben bedroht), die Dorkasgazelle und die Dünengazelle, die wochenlang ohne Wasser auskommen können, sowie der Fennek (Wüstenfuchs), die Wüstenspringmaus, einige Reptilienarten (z. B. Skinke und Vipern), Insekten und Gliedertiere (z. B. Skorpione). Besonders eindrucksvoll ist die Tierwelt der Savannen, die v. a. durch die riesigen Herden von Antilopen, Büffeln und Zebras gekennzeichnet ist. Weitere typische Tiere sind u. a. Meerkatze, Giraffe, Spitzmaulnashorn, Löwe, Hyäne, Schakal, Afrikanischer Strauß, Trappe. In den Feuchtsavannen leben u. a. der Afrikanische Elefant, Leopard, verschiedene Affen- und Antilopenarten, Kaffernbüffel, Breitmaulnashorn, Schwarze Mamba, Puffotter, Wanderameisen. In den Flusstälern der Feuchtsavanne gibt es eine große Zahl Wasservögel, z. B. Pelikan, Nilgans, Fischadler, Seeschwalben, und in den Sümpfen des Victoriasees den Schuhschnabel. Die Tiere der Savannen sind durch die Errichtung großer Nationalparks (z. B. Komoé-, Serengeti-, Tsavo-, Krüger-Nationalpark) geschützt.
Die Fauna des Regenwaldes ist besonders durch fliegende (Fledermäuse, Vögel, Insekten) und kletternde Formen (Affen, Halbaffen, Hörnchen, Baumschlangen, Baumfrösche u. a.) gekennzeichnet.
Insgesamt gibt es viele endemische Arten in der Äthiopis, z. B. Goldmulle, Erdferkel, Flusspferd, Giraffe, die echten Strauße, Witwenvögel und den altertümlichen Flösselhecht.
Die Tierwelt Madagaskars, das geographisch zu Afrika gehört, weicht von der des Festlands stark ab; sie bildet die madagaskarische Subregion.
BEVÖLKERUNG
Afrika ist Heimat und Kerngebiet der dunkelhäutigen Negriden, die die Hauptmasse der Bevölkerung stellen und das anthropologische Bild südlich der Sahara (Schwarzafrika) beherrschen, wo außer jüngeren Zuwanderungen (Europäer, Asiaten) noch kleinere, nicht eigentlich negride Gruppen (Pygmäen, Hottentotten, Buschleute; Khoisan) leben. Aber auch diese Gruppen sind wie die Äthiopiden und die Negriden selbst autochthon; es gibt keine Hinweise auf außerafrikanische Entstehung und Einwanderung (außer auf Madagaskar). Die Entstehung aus einer altsteinzeitlichen archaischen Homo-sapiens-Bevölkerung ist anzunehmen. Im südlichen Afrika sind schon aus sehr früher Zeit neben Schädeln aus einer allgemeinen archäomorphen Altschicht solche mit pädomorphen Zügen überliefert (Boskoptyp); auf diese frühe Variante lassen sich die heutigen Khoisaniden zurückführen. Die Negriden stellen eine jüngere Adaptation an heißes und lichtreiches Klima dar. Die Äthiopiden sind möglicherweise ein Relikt der Alt-Sapiens-Schicht, d. h., ihre negrid-europide Merkmalskombination wäre dann nicht das Ergebnis einer jüngeren Mischung, sondern ein noch nicht in negrider oder europider Richtung differenziertes Erbe. Vom Afrika südlich der Sahara hebt sich Nordafrika (einschließlich der Sahara) anthropologisch deutlich ab. Es ist seit der Altsteinzeit Siedlungsgebiet europider Einwanderer (Weißafrika) mit erst mediterraner (Berber, Altägypter), später orientalider (Araber) Prägung. Von späteren europiden Zuströmen (antike und moderne Kolonialperiode) zeugen kulturelle Hinterlassenschaften, biologisch wurde die Bevölkerung jedoch kaum beeinflusst. Dagegen ist immer wieder negrides Element nach Nordafrika gelangt. Umgekehrt ist europides Erbe über die Sahara vorgedrungen. Die letzten bedeutenden europiden Zuströme empfing Afrika mit der neuzeitlichen Kolonisation. In Kenia, Tansania und der Republik Südafrika leben relativ unvermischte Asiaten (besonders Inder).
Die afrikanischen Völker werden meist nach ihren Sprachen gegliedert (afrikanische Sprachen). Ihre traditionellen Gesellschafts- und Wirtschaftsformen (Afrikanische Völker und Kulturen, Übersicht) sind in starkem Wandel begriffen. Dies sowie die rasch wachsende Bevölkerungszahl (1950: 222 Mio., 1984: 537 Mio., 1993: 707 Mio.) führen zu großen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Problemen. In den meisten Ländern sind sehr hohe Geburtenraten zu verzeichnen (jährlich 30-40 Geburten je 1 000 Einwohner), die höchsten haben Malawi (56), Guinea, Ruanda, Sambia (jeweils 51) sowie Mali und Niger (jeweils 50). Zwar liegt die Sterblichkeitsrate mit einem Durchschnitt von rd. 15 Todesfällen je 1 000 Einwohner höher als im westlichen Europa und in den USA; sie nimmt jedoch stark ab. Mit einer mittleren Bevölkerungsdichte von nur 22 Einwohner je km2, bei regional sehr unterschiedlicher Verteilung, ist Afrika nur scheinbar unterbevölkert, denn die Tragfähigkeit der nutzbaren Regionen ist weitgehend schon erreicht. Viele Gebiete sind übervölkert, besonders die Industrie- und Bergbauzentren, die Küstenstädte, das Niltal; aber auch landwirtschaftlich genutzte Gebiete (Nomadismus, Brandrodungsfeldbau) sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt (Hungerkatastrophen im Sahel). Der Anteil der ländlichen Bevölkerung ist rückläufig, beträgt aber noch immer etwa 65 % der Gesamtbevölkerung Der Anteil der städtischen Bevölkerung liegt am höchsten in Libyen (82 %), gefolgt von Tunesien (56 %) und der Republik Südafrika (55 %); sie ist am niedrigsten in Ruanda (7 %).
Besondere Probleme bilden in Afrika die Flüchtlinge, v. a. als Folge politischer Machtkämpfe und der Dürren, und die Ausweisung von Personen asiatischer Herkunft im Zug der »Afrikanisierung«.
Rund 48 % der Bevölkerung bekennen sich (1991) zum Christentum, 41 % zum Islam, 10 % gehören den traditionellen afrikanischen Religionen an, 0,2 % sind Anhänger indischer Religionen (Hindus, Buddhisten, Jainas, Sikhs), 0,2 % Anhänger der Bahai-Religion, 0,3 % sind konfessionslos. Daneben gibt es rd. 327 000 Juden (v. a. in der Republik Südafrika) und kleinere Gruppen verschiedener neuer Religionen.
Das Christentum ist die Religion der Bevölkerungsmehrheit in den meisten Ländern Zentral- und Südafrikas, v. a. in Gabun, der Demokratischen Republik Kongo, der Republik Kongo, Angola, Namibia und der Republik Südafrika (jeweils 70-90 %); in Ostafrika haben Burundi, Ruanda und Uganda, in Westafrika hat Ghana einen mehrheitlich christlichen Bevölkerungsanteil (jeweils über 60 %). 37,6 % der afrikanischen Christen gehören der katholischen Kirche, 26,7 % den protestantischen, 8,7 % den orthodoxen und 8,2 % den anglikanischen Kirchen an. Rd. 59,7 Mio. Afrikaner (18,8 %) gehören den weit über 6 000 unabhängigen Kirchen an. Seit dem 19. Jahrhundert aus den europäischen und amerikanischen Missionskirchen hervorgegangen, vertreten diese Kirchen in ihrem Selbstverständnis ein authentisches afrikanisches Christentum, das in Lebensweise und Liturgie ganz bewusst Traditionen der afrikanischen Stammeskulturen aufnimmt. Über Afrika hinaus wurde v. a. die auf den Evangelisten Kimbangu zurückgehende Kirche bekannt (heute sehr stark in der Demokratischen Republik Kongo vertreten). Die katholische Kirche versucht, die Identität der afrikanischen Kirche durch die systematische Heranbildung eines einheimischen Klerus zu fördern. Das Gewicht der afrikanischen Kirche innerhalb der Weltkirche findet seinen Ausdruck v. a. in den afrikanischen Kardinälen. Mit Kardinal Gantin steht seit 1993 ein Afrikaner als Kardinaldekan an der Spitze des Kardinalskollegiums. Die 1994 nach Rom einberufene »Afrika-Synode« gilt als erster Schritt auf dem Weg zu einem afrikanischen Konzil. Die orthodoxe Christen gehören fast ausschließlich der koptischen Kirche und der äthiopischen Kirche an; die rd. 350 000 orthodoxe Christen des byzantinischen Ritus gehören zum griechisch-orthodoxen Patriarchat von Alexandria. Der als afrikanisches ökumenisches Forum 1963 gegründeten »Gesamtafrikanische Kirchenkonferenz« (Sitz: Nairobi) gehören die meisten protestantischen, die anglikanischen, die orthodoxen und ein Teil der unabhängigen Kirchen an. Während um 1900 der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung noch bei 9 % lag, ist das Christentum v. a. seit Anfang der 1970er-Jahre stark im Wachstum begriffen.
Verbreitungsgebiete des Islam sind vornehmlich die Länder Nordafrikas und der Sahelzone sowie des nordöstlichen Küstenstreifens (v. a. Gambia, Guinea, Senegal); in Ostafrika neben Somalia auch Äthiopien, wo seit Anfang der 1990er-Jahre über 50 % der Bevölkerung dem Islam angehören. In verschiedenen Ländern südlich der Sahara hat der Islam seit Anfang der 1970er-Jahre eine starke Ausdehnung erfahren (Nigeria, Tansania). Gegenwärtig gibt es südlich der Sahara rd. 100 Mio. Muslime. Historisch geht die Ausbreitung des Islam in Schwarzafrika auf muslimische Händler zurück. Eine islamische Mission im engeren Sinn entstand erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Reaktion auf die christliche Mission (Islam), mit der sie seither in »Konkurrenz« steht. Über die internationalen islamischen Organisationen unterstützen v. a. Saudi-Arabien und Libyen die islamische Mission in Schwarzafrika.
Die traditionellen afrikanischen Religionen sind v. a. in Südost- und Westafrika verbreitet, wo ihnen in einigen Staaten rd. 50 % der Bevölkerung (Botswana, Malawi, Moçambique) beziehungsweise über 50 % angehören (Benin, Guinea-Bissau, Liberia, Madagaskar, Sambia, Sierra Leone, Simbabwe). Daneben entstanden in der Folge der christlichen und islamischen Mission zahlreiche eigenständige Formen einer afrikanischen »christlichen« beziehungsweise »islamischen« religiösen Praxis, die traditionelle afrikanische Glaubensinhalte und -formen mit der (individuell oft selektiv angenommenen) neuen Religion verbindet. Diese sind überwiegend auf bestimmte Regionen beziehungsweise Stammesgesellschaften beschränkt.
Innerhalb der religiösen Minderheiten bilden die Anhänger der Bahai-Religion und des Hinduismus die größten Religionsgemeinschaften (jeweils rd. 1,4 Mio.). Die größte Hindugemeinde besteht unter den in der Republik Südafrika lebenden Indern (rd. 1 Mio.), von denen sich 62 % zum Hinduismus bekennen. Daneben gibt es rd. 51 000 Jainas, 26 000 Sikhs und 20 000 Buddhisten in Afrika.
Afrika bildet kein einheitlich gewachsenes Wirtschaftsgebiet, sondern ist durch starke Unterschiede in der natürlichen Ressourcenausstattung und in den politischen und sozialen Strukturen gekennzeichnet, die eine zusammenhängende und aufeinander abgestimmte Wirtschaftsentwicklung verhindern. Der wirtschaftliche Entwicklungsstand der einzelnen Länder fällt sehr unterschiedlich aus. Während die Republik Südafrika als einziges der 53 afrikanischen Länder weitgehend industrialisiert ist und die meisten der rohstoffreichen nordafrikanischen Länder fortgeschrittene Entwicklungsländer sind, gehört der überwiegende Teil der afrikanischen Länder (Länder südlich der Sahara) zu den ärmeren beziehungsweise ärmsten Entwicklungsländern der Erde.
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts bestand in Afrika Selbstversorgung; nur Sammelgüter (Wachs, Palmöl, Elfenbein) sowie Gold und Salz wurden gehandelt. Wichtige Veränderungen brachte die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Kolonialzeit. Neue Nutzpflanzen wurden angebaut zur Versorgung der wachsenden Bevölkerung (Mais, Erdnüsse, Tomaten, Reis, Bananen, Maniok) und für den Export (Kakao, Sisal, Kautschuk, Baumwolle, Zuckerrohr, Kaffee, Tee). Auch nachdem die afrikanischen Länder in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die politische Unabhängigkeit erreicht hatten, blieb Afrika vorwiegend Nahrungsmittel- und Rohstofferzeuger. Das Bruttosozialprodukt (BSP) für Afrika wurde 1992 auf rd. 373 Mrd. US-$ geschätzt, wovon allerdings mehr als ein Viertel (106 Mrd. US-$) auf die Republik Südafrika entfallen. Pro Kopf der Bevölkerung lag das BSP bei 650 US-$ (im südlichen Afrika 2 230 US-$). Der Anteil des Kontinents am Weltsozialprodukt beträgt nur 1,7 %, der Anteil an der Weltbevölkerung dagegen 12,3 %.
Die Landwirtschaft ist der wichtigste Wirtschaftsbereich, sie beschäftigt die meisten Arbeitskräfte (1993: 161 Mio. Menschen, 61,3 % der ökonomisch aktiven Bevölkerung), liefert Nahrungsmittel und Exportgüter und bildet die Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung. Zwar nimmt die Erzeugung von Agrarprodukten durch Vergrößerung der Kulturflächen, Verbesserung der Produktionsmethoden, Intensivierung der Anbauformen, Schulung der Arbeitskräfte und teilweise Mechanisierung zu, aber angesichts des starken Bevölkerungswachstums (1993 rd. 3 %), langanhaltender Dürreperioden sowie zahlreiche politische Konflikte und Kriege und der dadurch ausgelösten Flucht großer Bevölkerungsteile reicht die landwirtschaftliche Produktion in weiten Teilen Afrikas nicht aus, um eine ausreichende Ernährungsbasis zu sichern. Die Lebensmittelproduktion lag 1993 rd. 37 % höher als 1980, pro Kopf der Bevölkerung sank sie jedoch um mehr als 7 %. Hinzu kommt, dass ein erheblicher Teil der Ackerflächen dem Anbau von Exportprodukten dient. Die Zahl der Unter- beziehungsweise Mangelernährten wird (1993) auf rd. 170 Mio. Menschen geschätzt, was einem Viertel der afrikanischen Bevölkerung entspricht. Der Importbedarf an Getreide betrug 1993 rd. 22 Mio. t. Mehr als die Hälfte der afrikanischen Länder ist auf internationale Hilfslieferungen an Nahrungsmitteln angewiesen.
Landwirtschaftliche Erträge (1993 in Mio. t; Anteil an der Welterzeugung): Maniok (74,8; 48,7 %), Mais (35,8; 7,6 %), Hirse (25,0; 29,7 %), Weizen (13,3; 2,3 %), Gerste (3,6; 2,1 %), Baumwollsamen (3,7; 7,6 %), Kokosnüsse (1,7; 4 %), Datteln (1,3; 34,1 %), Palmöl (1,9; 13,3 %), Kakao (1,3; 53,8 %), Kaffee (1,1; 19 %), Kopra (0,2; 4,7 %). - Viehhaltung wird besonders in den Savannen und Grasländern extensiv betrieben; Bestand (1993 in Mio. Stück; Anteil am Weltbestand): Rinder (188,1; 14,7 %), Schafe (206,3; 18,6 %), Ziegen (172,0; 29,1 %), Schweine (20,5; 2,4 %). Große Verluste an den Viehbeständen entstehen immer wieder durch lang anhaltende Dürreperioden (v. a. im Sahel, in Äthiopien und im Sudan). Die Fleischversorgung der afrikanischen Bevölkerung gilt als unzureichend. - Die Holzwirtschaft spielt nur in einigen westafrikanischen Staaten (z. B. Republik Elfenbeinküste, Nigeria, Kamerun, Demokratische Republik Kongo) eine größere Rolle (Export von tropischen Harthölzern). Der Waldbestand wird aber nicht nur durch diesen Holzeinschlag, sondern v. a. durch wachsenden Brennholzbedarf und Brandrodung erheblich dezimiert. Die Wälder in Madagaskar sind zu über 90 %, die in der Republik Elfenbeinküste nahezu völlig abgeholzt. Holzeinschlag 1991: 343,5 Mio. m3 (10 % des Weltholzeinschlages); davon nur rd. 33,8 Mio. m3 industriell nutzbare Rundhölzer, der übrige Teil als Brennholz.
Afrika verfügt über sehr reiche Bodenschätze (Produktion 1992; Anteil an der Welterzeugung; die wichtigsten Förderländer): Chrom: 3,7 Mio. t; 39 % (Südafrika, Simbabwe); Phosphat: 35,1 Mio. t; 24,2 % (Marokko, Tunesien, Südafrika, Senegal, Togo); Mangan: 4,3 Mio. t; 19,1 % (Südafrika, Gabun); Bauxit: 17,6 Mio. t; 16,5 % (Guinea, Sierra Leone); Gold: 664,2 t; 32 % (Südafrika, Ghana, Simbabwe); Diamanten: 43,514 Mio. Karat; 44,2 % (Demokratische Republik Kongo, Botswana, Südafrika); Uran: 7,1 Mio. t; 30,7 % (Niger, Südafrika, Namibia); Kobalt: 11,5 Mio. t; 50,7 % (Demokratische Republik Kongo, Sambia); Platin: 85,5 t; 72,5 % (Südafrika); Titan: 930 000 t; 25 % (Südafrika, Sierra Leone). Die Erdölreserven Afrikas werden (1993) auf 8,3 Mrd. t geschätzt (6,1 % der wirtschaftlich erschließbaren Weltvorräte). Die wichtigsten Reserven besitzen Libyen (3 Mrd. t), Nigeria (2,5 Mrd. t) und Algerien (1,2 Mrd. t). Diese Länder förderten 1993 zusammen 226,2 Mio. t Rohöl (rd. 7,2 % der Weltförderung). Zu den Nettoexporteuren zählen außerdem Angola (Förderung 1993: 25,6 Mio. t) und Ägypten (45 Mio. t). Algerien und Nigeria besitzen große Erdgasvorkommen. Algerien förderte 1993 51 Mrd. m3 (Weltanteil 2,4 %). Die Steinkohlevorkommen betragen (1993) 60,8 Mrd. t (11,7 % der Weltvorräte). Sie konzentrieren sich hauptsächlich auf die Republik Südafrika (55,3 Mrd. t).
Energiewirtschaft: Trotz reicher Vorkommen an Kohle (Südafrika), Erdöl (nordafrikanische Länder, Nigeria) und Erdgas (Algerien) ist die Ausstattung mit fossilen Energieträgern in den meisten afrikanischen Ländern relativ gering. Brennholz spielt noch immer die wichtigste Rolle bei der Energieerzeugung in den Haushalten. Die Kernenergie wird bis auf ein Kraftwerk in der Republik Südafrika (1 840 MW) nicht genutzt. Das reiche Wasserkraftpotenzial (9,4 % des wirtschaftlich nutzbaren hydroelektrischen Potenzials der Erde) könnte die relative Knappheit an fossilen Brennstoffen ausgleichen, aber die Nutzung ist schwierig. Größere Wasserkraftanlagen sind vorhanden in Ägypten (Assuan), Moçambique (Cabora Bassa), der Demokratischen Republik Kongo (Inga), Simbabwe und Sambia (Kariba), der Republik Südafrika (Oranje), Ghana (Akosombo), Angola (Kunene), Nigeria (Kainji) sowie in Kenia, Uganda, der Republik Elfenbeinküste und Guinea. Das Energiepotenzial der Kraftwerke wird nur selten voll genutzt, ist dürrebedingt auch schwankend. Das gestaute Wasser dient häufig auch zur Bewässerung der Felder. Die gesamte Stromerzeugung betrug 1992 332,907 GWh, davon 18 % durch Wasserkraft. Afrika weist mit (1992) 482 kWh pro Kopf der Bevölkerung den niedrigsten Stromverbrauch auf; er beträgt nur rd. ein Viertel des weltweiten Durchschnittsverbrauchs.
Die Industrialisierung setzte in den 1950er- und 60er-Jahren ein und macht seither in den meisten afrikanischen Ländern nur geringe Fortschritte (außer in der Republik Südafrika und in den nordafrikanischen Ländern). Die industrielle Produktion beschränkt sich hauptsächlich auf die Verarbeitung von Agrar- und Forstprodukten für den Binnenmarkt, auf einfache Metallerzeugnisse, Holzverarbeitung, die erste Verarbeitungsstufe der geförderten mineralischen Rohstoffe sowie Erdölraffinerien und Zementwerke. Eine chemische Industrie hat Ägypten; Schwerindustrie gibt es in der Republik Südafrika, in Nordafrika und in Nigeria. Als Hemmnisse der industriellen Entwicklung in Afrika gelten die unzureichende Verkehrsinfrastruktur, zu kleine heimische Märkte, der Mangel an Finanzmitteln und an ausgebildeten Arbeitskräften. Weitere Ursachen liegen in der politischen und ethnologischen Zersplitterung, die häufig innen- und außenpolitische Auseinandersetzungen zur Folge hat und das Interesse der Politiker von der Industrialisierung ablenkt. Relativ günstige Ausgangsbedingungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung lassen sich nach der Abschaffung der Apartheid (1993) und den ersten allgemeinen, demokratischen und freien Wahlen (1994) in der Republik Südafrika erkennen. In den nordafrikanischen Ländern stellt der zunehmende islamische Fundamentalismus (Algerien, Ägypten) eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung dar. - Der Tourismus ist in den Mittelmeerländern (Tunesien, Marokko, Ägypten; Bade- und Kulturtourismus) sowie im östlichen und südlichen Afrika (Kenia, Republik Südafrika, Namibia; Safaritourismus) von wirtschaftlicher Bedeutung.
Der Export wird in den meisten afrikanischen Ländern von einem oder zwei agrarischen oder mineralischen Rohstoffen dominiert. Dabei lässt der seit den 80er-Jahren anhaltende Verfall der Rohstoffpreise das Außenhandelsdefizit immer weiter ansteigen. Es betrug 1993 in Afrika rd. 15 Mrd. US-$ (Exporte: 98,9 Mrd. US-$, Importe 113,9 Mrd. US-$). Die Verschuldung der afrikanischen Länder beträgt (1991) 231,6 Mrd. US-$ (85,3 % des BIP); damit ist Afrika der am höchsten verschuldete Kontinent.
Bisher ist es nicht gelungen, ein gesamtafrikanisches Verkehrsnetz aufzubauen, das über leistungsfähige Transkontinentalverbindungen verfügt. Obwohl das Straßennetz seit den 70er-Jahren wesentlich verbessert wurde (wichtigste Großprojekte: Transsaharastraße, Transafrikastraße und Transsahelroute), dienen die Investitionen im Verkehrswesen zum größten Teil zur Instandhaltung der vorhandenen Straßen und Schienenwege.
Ein umfassendes Eisenbahnnetz existiert nicht, nur regionale Netze und Stichbahnen von der Küste ins Landesinnere, die dem Abtransport von Bodenschätzen und Agrargütern dienen, sind vorhanden. Ein leistungsfähiges Eisenbahnnetz hat lediglich die Republik Südafrika. In den meisten schwarzafrikanischen Ländern verlieren die Eisenbahnen immer mehr an Bedeutung, ihr Anteil am Verkehrsmarkt beträgt häufig weniger als 20 %. Durch das rückläufige Transportvolumen fehlen außerdem die notwendigen Mittel für dringende Investitionen und Instandhaltungen.
Binnenwasserstraßen sind neben den afrikanischen Seen (Victoriasee, Tanganjikasee, Njassasee) die größeren Flüsse (Kongo, Nil, Sambesi, Niger, Gambia), die jedoch wegen jahreszeitlich stark schwankender Wasserstände und zahlreiche Stromschnellen nicht durchgehend befahrbar sind. Große Bedeutung für den internationalen Seeverkehr hat nach wie vor der 1869 fertig gestellte und seither mehrfach ausgebaute Suezkanal (Transittonnage 1993: 292,3 Mio. t). Im Küstenverkehr werden Massengüter und zunehmend auch Containerladungen transportiert.
Dem weiteren Ausbau des Seeverkehrs sind durch unzureichende Hafenkapazitäten, insbesondere im Containerverkehr, bislang enge Grenzen gesetzt. Wichtige Seehäfen besitzen im Norden Alexandria, Algier, Tripolis, Casablanca; im Westen Dakar, Abidjan, Freetown, Lagos; im Osten Mombasa, Mogadischu, Daressalam; im Süden Richards Bay, Kapstadt, Durban. Die Bedeutung der Seehandelsflotten ist im internationalen Vergleich gering (Ausnahme: Liberia, das führende Billigflaggenland). Die afrikanischen Länder verfügen über eine Flotte (Anfang 1994, ohne Liberia) von 693 Seeschiffen mit 6,4 Mio. BRT, was rd. 1 % der Welttonnage entspricht. In Liberia sind dagegen (1994) 1 518 Schiffe mit 91,8 Mio. BRT registriert (rd. 13 % der Welthandelstonnage). Eigentümer dieser Schiffe sind überwiegend europäische und nordamerikanische Reedereien.
Der Luftverkehr hat große Bedeutung. Fast alle Staaten Afrikas besitzen eine eigene Fluggesellschaft; wichtige Knotenpunkte sind Kairo, Khartum, Nairobi, Johannesburg, Casablanca, Dakar, Lagos, Kinshasa. Gemessen an anderen Regionen der Erde wie auch an der Bevölkerung und Fläche Afrikas ist der Luftverkehr noch weitgehend unterentwickelt; sein Anteil an der Weltgesamtleistung beträgt bei der Personenbeförderung mit (1993) 24,3 Mio. Passagieren nur 2,8 % beziehungsweise mit 64,8 Mrd. Passagierkilometern nur 4,1 %.
Die Geschichte der meisten Völker Afrikas kann bis in das 19. Jahrhundert nicht aus eigenen schriftlichen Quellen erforscht werden, da sie sich (mit Ausnahme v. a. der Völker in Nordafrika und Äthiopien sowie der weißen Südafrikaner) keiner Schrift bedienten. Stellenweise lassen sich archäologische Funde und mündliche Überlieferungen auch aus ferner Vergangenheit als Geschichtsquellen erschließen; weithin ist die Wissenschaft jedoch auf außerafrikanische Schriften (z. B. Reiseberichte) angewiesen, die aber nur Bruchstücke des Geschehens (und überdies in fremder Sicht) wiedergeben. Daher lässt es sich bis heute auch nicht vermeiden, die Geschichte Afrikas entsprechend dem Ablauf der europäischen Geschichte zu periodisieren.
Afrika wird heute nicht selten als Wiege der Menschheit bezeichnet. In keinem anderen Erdteil kann die Menschheitsgeschichte anhand zahlreicher Funde menschlicher Überreste und Werkzeuge so tief in die Vergangenheit zurückverfolgt werden: bis in die Übergangsphase vom Tertiär zum Quartär. Datierungen nach der Kalium-Argon-(Potassium-Argon-)Methode haben ergeben, dass es in großen Teilen Afrikas Menschen seit mehr als 2 Mio. Jahren gibt. Fundschichten vom Omo (Äthiopien), aus der Olduvaischlucht (Tansania) und von Oued Mékerra (Algerien) wurden auf 2-2,5 Mio. Jahre datiert.
Kennzeichnend für diese früheste Epoche des Paläolithikums (Kafu- und Olduvaikultur) sind »Geröllgeräte« (englisch pebble tools) mit scharfer Kante, die aus Kieseln gefertigt wurden. Ihre beachtliche Formenvielfalt lässt auf verschiedene Funktionen schließen. Träger dieser Kultur waren Australopithecus-Arten (Australopithecinen).
Erste Spuren einer entwickelteren Steinbearbeitung traten vor 1,5 Mio. Jahren auf. Diese Epoche entspricht weitgehend dem europäischen Abbevillien und Acheuléen und wird ebenso bezeichnet. Mit Ausnahme der Regenwaldzone und des Kongobeckens trat das Acheuléen auf dem gesamten Kontinent auf und behauptete sich in manchen Regionen bis vor 100 000 Jahren. Typisch für das Acheuléen sind neben dem Faustkeil leicht trapezförmige, beilartige Klingen (»Spalter«), Rundscheiben (»Diskoide«), kugelförmige Wurfsteine und 8-förmige Artefakte von teilweise beachtlicher Größe. Funde in der Olduvaischlucht weisen Pithecanthropus-Arten, also Archanthropine, als Träger des Acheuléen aus. Derselben Frühmenschengruppe werden auch die im Acheuléen von Ternifine (Algerien) gefundenen Reste des Atlanthropus (Homo erectus) mauretanicus zugerechnet.
Die pleistozänen Strandlinien im nördlichen Afrika erlauben eine Synchronisierung der Kulturepochen mit der europäischen Eiszeitchronologie, wobei allerdings mit gewissen Phasenverschiebungen zu rechnen ist. Den Eiszeiten Europas entsprechen Pluviale (Feuchtzeiten) im subtropischen Afrika, die eine Besiedlung der heutigen Trockengebiete ermöglichten. Man unterscheidet vier Pluviale: 1) Kagera-, 2) Kamasia-, 3) Kanjera- und 4) Gamblepluvial. Die Interglaziale (Zwischeneiszeiten), in Europa mit der Wiederbewaldung verbunden, bedeuteten für Afrika Trockenzeiten, während derer infolge der Eisschmelze der Meeresspiegel erhöht war. Möglicherweise drangen während der Risskaltzeit (Kanjerapluvial) Acheuléengruppen über eine Landverbindung zwischen Nordafrika und der Iberischen Halbinsel (Senkung des Meeresspiegels) nach Westeuropa vor. Die Träger des Acheuléen bevorzugten Meeresküsten, Ufer von Binnenseen und bewaldete Flusstäler als Siedlungsraum. Besonders im östlichen Zentralafrika sind verschiedene Entwicklungsphasen des Acheuléen lückenlos zu verfolgen (Olduvai, Olorgesailie, Kalambo Falls u. a.). Die wichtigsten Fundstellen in Südafrika liegen am Vaal und im Kapland (Stellenbosch).
Zumindest teilweise bedingt durch die Trockenphase des letzten Interpluvials splittert die bis dahin einheitliche afrikanische Basiskultur des Acheuléen auf in verschiedenen Kulturgruppen. Während im nördlichen Teil des Kontinents Einflüsse aus Vorderasien spürbar werden, durchläuft das subsaharische Afrika eine eigenständige Entwicklung, für die man ein eigenes Periodensystem definiert hat. Das Paläolithikum einschließlich des Acheuléen bezeichnet man gelegentlich als Early (oder Earlier) Stone Age (ESA). Dem folgen Middle Stone Age (MSA) und Late (oder Later) Stone Age (LSA).
Aus dem Acheuléen entwickelt sich im südlichen Afrika die Sangokultur, die vermutlich zwischen 100 000 und 80 000 einsetzt und bis 40 000 andauert. Es scheint sich vorwiegend um Waldlandkulturen gehandelt zu haben, bei denen die Jagd eine große Rolle spielte. Einige Funde (Wurzeln, Früchte, Reste von Grabstöcken) weisen aber auch auf die Bedeutung pflanzlicher Nahrung hin. Die Sangokultur stellt eine Übergangsphase vom Acheuléen zum MSA dar. Die Fauresmithkultur, früher als besondere Steppen- und Hochlandform ebenfalls dieser Phase zugerechnet, wird heute als Endacheuléen betrachtet.
Die Kulturgruppen des MSA, ungefähr zeitgleich mit dem Gamblepluvial, setzen die Traditionen des Acheuléen und der Sangokultur fort und entwickeln sie weiter. Die frühesten Daten für das MSA liegen bisher bei 38 000-36 000 v. Chr. In zunehmendem Maße treten Werkzeuge auf, die als Beilklingen (»Kernbeile«) oder Lanzenspitzen geschäftet waren. Durchgehend erkennbar ist eine Tendenz zur Verkleinerung der Werkzeuge. Die wichtigsten Kulturen des MSA sind das Lupembien, die Stillbaykultur und die Pietersburgkultur. Träger des frühen MSA waren Menschen vom Typ des Neandertalers, während in den jüngeren Epochen der »moderne« Mensch, der Homo sapiens sapiens, auftritt.
Das Magosien, etwa 10 000-6000 v. Chr., eine Übergangsphase vom MSA zum LSA, fällt in die Trockenzeit zwischen dem Gamblepluvial und der nacheiszeitlichen Makalia-Feuchtphase. Es führt die Tradition der Stillbaykultur fort. Zunehmend treten mikrolithische Werkzeuge auf. Dieser Phase ist wahrscheinlich auch das »Kenya-Capsien« zuzurechnen, dessen Herkunft noch im Dunkeln liegt, das aber typologisch dem nordafrikanischen Capsien ähnelt. Die Funde des LSA, etwa ab 8000 v. Chr., sind gekennzeichnet durch weitere Reduzierung der Größe der Artefakte (Mikrolithen), verbunden mit einer regionalen Differenzierung. Wichtige Kulturen des LSA sind die Smithfield-, die Wilton-, die Nachikoufoukultur und das Tshitolien. Die Felsmalereien im subsaharischen Afrika treten im Wesentlichen im LSA auf; die Hauptmasse dürfte allerdings aus nachchristlicher Zeit stammen.
Im nördlichen Afrika folgt auf das Acheuléen nach einer längeren Besiedlungspause das moustéroide Atérien (etwa 40 000-25 000 v. Chr.). Ein Moustérien im eigentlichen Sinn ist nur schwach vertreten. Gleichzeitig tritt im östlichen Nordafrika (Cyrenaika) die Dabbakultur auf. Sie reicht bis ins 12. Jahrtausend und wird unmittelbar von epipaläolithischen Kulturen abgelöst, die eine Übergangsphase zur Jungsteinzeit darstellen. Die wichtigsten epipaläolithischen Kulturen, Ibéromarusien und Capsien, gehen wahrscheinlich auf Einflüsse aus Vorderasien zurück. Die Jungsteinzeit setzt in der südlichen und zentralen Sahara im 7. Jahrtausend v. Chr. ein (Sahara-Sudan-Neolithikum), in Nordafrika erst vom 5. Jahrtausend an, wobei Züge des Capsien zunächst erhalten bleiben (Neolithikum mit Capsientradition). Charakteristisch für die Jungsteinzeit sind neben der Weiterentwicklung der Steinverarbeitungstechnologie das Auftreten von Keramik und der Beginn von Tierhaltung und Bodenbau.
Spuren einer Bronzezeit liegen nur im Maghreb (Felsbilder im Hohen Atlas) und in Mauretanien vor. Im Übrigen folgt dem Neolithikum unmittelbar die Eisenzeit, über deren Beginn und Ausbreitung noch weithin Unklarheit herrscht.
(Über die Vorgeschichte des Niltales Ägypten, Vorgeschichte)
Im Niltal begann die Metallbearbeitung (Kupfer, Silber, Gold) im 4. Jahrtausend v. Chr., während die meisten anderen Völker Afrikas viel später direkt von der Jungsteinzeit in die Eisenzeit übergingen. Mit der Vereinigung von Ober- und Unterägypten um 2900 v. Chr. beginnt die Geschichte des Pharaonenreiches (Ägypten); zum Aufblühen seiner Hochkultur trugen europide, später auch negride Bevölkerungselemente bei. Um 1500 v. Chr. dehnte sich die ägyptische Macht nilaufwärts bis etwa zum heutigen Khartum aus. Hier entstand das Reich Kusch (auch Nubien oder Meroë genannt), dessen Herrscher Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. ihrerseits Ägypten eroberten. 664 v. Chr. wurden sie von den Assyrern zurückgeworfen. Um sich gegen die mit Eisenwaffen ausgerüsteten Assyrer behaupten zu können, begannen die Könige von Kusch in Meroë (Hauptstadt seit etwa 530 v. Chr.) mit der Eisenverarbeitung; Meroë wurde zu einem großen Handelszentrum, dessen Beziehungen über die Küste der Somalihalbinsel (Punt) nach Indien reichten. Von Meroë und den phönikischen Kolonien an der Nordküste aus (Utica seit rd. 1100 v. Chr., Karthago u. a. seit rd. 800 v. Chr.) drang die Eisentechnik in das Innere Afrikas vor, wahrscheinlich von Staatenbildung im Bereich der Nokkultur (Nigeria nördlich des Benue) begleitet. Das äthiopische Reich von Aksum entstand wohl im 3. Jahrhundert v. Chr.
An der Nordküste Afrikas gründeten seit dem 12./11. Jahrhundert v. Chr. Phöniker und später auch Griechen Kolonialstädte; unter ihnen ragte Karthago hervor, bis es 201 v. Chr. (Ende des 2. Punischen Krieges) Rom unterlag. 146 v. Chr. annektierte Rom das karthagische Kernland (heute Tunesien) als Provinz Africa und breitete seine Herrschaft bis 30 v. Chr. (Tod der ägyptischen Königin Kleopatra) über ganz Nordafrika aus. In der Wüste südlich der römischen Grenzlinien gewannen die Garamanten militärische Macht, konnten aber Rom, das seinen Getreidebedarf zum Großteil in Afrika deckte, nicht gefährlich werden.
Um 300 n. Chr. setzte sich in ganz Nordafrika das Christentum durch; in Ägypten entstand das Mönchswesen. Augustinus war 396-430 Bischof von Hippo Regius (im heutigen Ostalgerien). Der König Ezana von Aksum (Nordäthiopien) nahm im 4. Jahrhundert ebenfalls den christlichen Glauben (in der im Römischen Reich unterdrückten monophysitischen Form) an; er trug zur Zerstörung des Staates von Meroë bei. - Wanderbewegungen v. a. von Zentral- in Richtung Süd- und Ostafrika setzten vielleicht nach 500 ein (vergleiche Abschnitt Mittelalter).
In Westafrika, im Grenzbereich des heutigen Mali und Mauretanien, entstand am südlichen Ende von Transsaharaverkehrswegen unter den Soninke vermutlich noch während der europäischen Spätantike der Staat Gana.
Bald nach dem Tod Mohammeds wurde der Islam durch arabische Heere nach Afrika getragen. 638-644 eroberten die muslimischen Araber Ägypten, 698 Karthago; 711 erreichten sie Spanien. Die islamische Bruderschaft der Almoraviden, der fundamentalistischen Reform verpflichtet, eroberte von Mauretanien aus Marokko und Spanien; um 1076 unterwarf sie auch Gana, dessen Könige sich dem Islam verweigert hatten. Danach breitete sich dieser auch unter den schwarzen Völkern der westafrikanischen Savanne aus, während sich das christliche Nubien gegen ihn im Niltal (Dongola) bis ins 14. Jahrhundert, weiter südlich bis ins 16. Jahrhundert behauptete.
Die Staaten Songhai (Hauptstadt Gao; heute in Mali) und Kanem (am Tschadsee, Kanem-Bornu), die um 800 ebenfalls als südliche Stützpunkte des Transsaharaverkehrs entstanden waren, wurden im 11. Jahrhundert islamisch. Im 13. Jahrhundert trat Mali unter dem Geschlecht der Keita aus dem Volk der Mandingo die Vorherrschaft in Westafrika an; Kankan Musa (1312-35) dehnte Malis Macht von der Gambiamündung bis Gao aus. Timbuktu und andere Städte stiegen zu kulturellen und wirtschaftlichen Zentren auf. Nach 1400 befreite sich Songhai wieder, drängte Mali nach Westen zurück und erreichte unter Askia (König) Mohammed (1493-1528) den Höhepunkt seiner Geschichte. Aus Kanem ging um 1400 der Staat Bornu hervor. Islamisiert wurden auch die im heutigen Nordnigeria liegenden Staaten der Hausa. Dagegen versagten sich die Mosi (im heutigen Burkina Faso) dem Islam, dem auch das weiter südlich gelegene Waldgebiet (Staaten der Yoruba und Benin im heutigen Südwestnigeria) verschlossen blieb.
Am Horn Afrikas (Ostafrika) gewann der Islam seit dem 13. Jahrhundert die Somal und Danakil. Seit 1470 erlitt das christliche Äthiopien Niederlagen im Kampf gegen diese Nachbarn. An der ostafrikanischen Küste und auf Sansibar entwickelte sich die islamische Kultur der Suaheli, deren Stadtstaaten (Kilwa u. a.) den Überseehandel nach Arabien, Persien, Indien und China pflegten.
Die Geschichte der vielen Völker Zentral-, Ost- und Südafrikas, die alle Bantusprachen sprechen und sich in recht kurzer Zeit (vermutlich zwischen 500 und 1500) von einem Kerngebiet (nördlich des Kongobeckens?) her ausgebreitet haben müssen, ist wegen fehlender Schriftquellen nur in Andeutungen erkennbar, z. B. in den spätestens im 14. Jahrhundert erstmals errichteten Steinbauten von Simbabwe. Vermutlich um 1600 unterwarfen im Gebiet der ostafrikanischen Seen nilotische Viehzüchter die Bantu sprechenden Bauern und gründeten die Hima-Staaten (Bunyoro, Buganda, Ruanda, Burundi), deren Tradition bis heute fortbesteht.
Frühe Neuzeit
Es kann als gesichert gelten, dass um 1500 viele Völker in ganz Afrika auf einem hohen Niveau der Gütererzeugung, der zivilen Technik, der gesellschaftlichen und politische Organisation standen; allerdings fehlte den schwarzafrikanischen Völkern und Reichen (mit Ausnahme Äthiopiens) die Schrift. In technischer Hinsicht besaßen diese weder hochseetüchtige Schiffe noch - wie in Europa - das Schießpulver und entsprechende Jagd- und Kriegsgeräte. Die meisten politischen Systeme wiesen keine Machtkonzentration im Sinne eines Staates auf.
Die bis 1500 wichtigste Verbindung Afrikas zum Orient und nach Europa, der Transsaharaverkehr, wurde gelähmt, als im Gefolge der spanischen Reconquista und der Kreuzzüge christlicher Mächte die islamischen Staaten Nordafrikas bedrängten, ihnen die Seemacht im Mittelmeer streitig machten und bald die Seeherrschaft Europas im Atlantischen und Indischen Ozean durchsetzten. Bis einschließlich Algerien geriet Nordafrika im 16. Jahrhundert unter die Hoheit des Osmanischen Reiches (Türkei, Geschichte).
Marokko sandte auf der (vergeblichen) Suche nach Gold 1590 ein Heer durch die Sahara und zerstörte 1591 Songhai; dadurch verschärfte es die Lähmung der negro-islamischen Zivilisation in Westafrika. Die anderen islamischen Küstenstaaten Nordafrikas traten auf dem Mittelmeer (v. a. aus europäischer Sicht) als »Piraten« in Erscheinung; ihrem afrikanischen Hinterland konnten sie keine wirksame politische Gestalt geben. In Ägypten rissen 1771 die Mamelucken die Macht wieder an sich, die sie bereits 1257-1517 vor der Eingliederung Ägyptens in das Osmanische Reich ausgeübt hatten.
An der Atlantikküste Afrikas tauchten im 15. Jahrhundert portugiesische Seefahrer auf; 1446 umschifften sie erstmals das Kap Verde, 1488 das Kap der Guten Hoffnung. An der Kongomündung traten sie in Kontakt zu einem größeren Staat der Kongo; sein König ließ sich taufen, nahm den Namen Afonso I. an (1507-43) und strebte danach, sein Volk der portugiesischen Zivilisation anzupassen. An der Ostküste unterlagen die Portugiesen nach 150 Jahren Oberhoheit über die Suahelistädte seit 1660 einer islamischen Gegenoffensive aus Oman; sie wurden bis zur Nordgrenze des heutigen Moçambique zurückgedrängt. Im Hinterland gewannen sie Einfluss auf den Staat des Monomotapa (im heutigen Simbabwe), der jedoch um 1700 zusammenbrach: er geriet in den »Rückstau« der Bantu sprechenden Ngunivölker, die auf ihrer Südwanderung im 17. Jahrhundert zur Küste des heutigen Natal vordrangen. Um diese Zeit erreichten in Zentralafrika die Staaten der Luba, Lunda, Lozi (Rotse) und Bushongo (Kuba) im Süden der heutigen Demokratischen Republik Kongo und im Westen von Sambia, alle von Bantu sprechenden Völkern errichtet, ihre Blüte.
An der Atlantikküste hielten die Portugiesen v. a. Angola (1641-48 vorübergehend niederländisch). Die Guineaküste zwischen Kap Verde und Gabun galt wegen ihres Fieberklimas und der wenigen Häfen als »Grab des weißen Mannes«; dennoch errichteten die meisten europäischen Seefahrtsnationen dort Forts und entfalteten vom 16. bis zum 19. Jahrhundert in großem Umfang den atlantischen Negersklavenhandel, der ihre Kolonien in Amerika mit Arbeitern versorgte. Britische Kaufleute beherrschten im 18. Jahrhundert dieses wechselvolle, aber meist gewinnbringende Geschäft; auch das kleine Brandenburg/Preußen suchte sich an ihm zu beteiligen (1683-1717 Kolonie Groß-Friedrichsburg an der Goldküste, dem heutigen Ghana). Die Zahl aller afrikanischen Sklaven, die zwischen 1451 und 1870 nach Amerika gebracht wurden, wird auf knapp 10 Mio. geschätzt (P. D. Curtin: »The Atlantic slave trade«, Madison/London 1969). Welche Menschenverluste Afrika jedoch insgesamt durch die Sklavenraubzüge selbst sowie durch den Transport der Sklaven auf dem Land- und Seeweg erlitt, ist nicht schätzbar. Fest steht, dass dieser Handel die Zivilisation in Westafrika und im Kongogebiet untergrub; auch der Staat der Kongo zerfiel unter seinem Druck (trotz vorhergehender Christianisierung) im 17. Jahrhundert Angola wurde besonders lange und stark entvölkert. Einige westafrikanische Staaten steigerten als Zwischenhändler im Sklavenhandel ihre Militärmacht, besonders Dahome (heute Republik Benin) seit 1650, die Konföderation der Ashanti (im Süden des heutigen Ghana) seit 1695.
Am Kap der Guten Hoffnung gründete die niederländische Ostindien-Gesellschaft 1652 eine Siedlung, um ihre Schiffe mit frischem Proviant zu versorgen. Sie bezog die meisten ihrer Sklaven aus Ostafrika und Indonesien. Aus ihnen entstand durch Vermischung mit Weißen und Khoisan (besonders Hottentotten) eine eigene calvinistisch-christliche und Afrikaans sprechende Volksgruppe (in der heutigen Republik Südafrika Coloureds beziehungsweise Kleurlinge, also Farbige, genannt). Halbnomadische weiße Viehzüchter (Buren) zogen im 18. Jahrhundert weit ins Binnenland, wo sie schon 1702 am Großen Fischfluss auf Bantu sprechende Xhosa stießen. 1780 begannen die »Kaffernkriege« zwischen Xhosa und weißen Siedlern um Vieh und Weideland.
19. Jahrhundert
Unter dem Eindruck wachsender Kritik am Sklavenhandel verbot das britische Parlament 1807 den Transport von Negersklaven auf britische Schiffen. Der Wiener Kongress verurteilte 1815 ebenfalls diesen Handel. 1833 folgte das Verbot der Sklavenhaltung in britischen, 1848 in französischen Kolonien. Bis 1860 verließen noch illegale Transporte Westafrika. Freetown (Sierra Leone) und Libreville (Gabun) entstanden als Siedlungen für Afrikaner, die von britischen und französischen Kriegsschiffen aus Sklavenfrachtern befreit wurden. In den USA freigelassene Schwarze, die nach Afrika übersiedeln wollten, erhielten Land in Liberia, das 1847 eine unabhängige Republik wurde. Die europäischen Staaten bemühten sich nun, den Sklavenhandel an der Westküste Afrikas u. a. durch den Handel mit Palmöl zu ersetzen.
Im 19. Jahrhundert war Afrika Schauplatz vieler politischen Reformbewegungen sowie der Neugründung und Erweiterung von Staaten. Dem europäischen Vorbild folgte die versuchte Modernisierung Ägyptens unter dem Albaner Mehmed Ali (1811-48). 1840 von den Großmächten zur Aufgabe des eroberten Syriens gezwungen, setzte Ägypten die Eroberung des Niltals (Sudan) fort. Äthiopien hatte sich um 1550 mit portugiesischer Hilfe der islamischen Angreifer erwehrt, war jedoch nach 1704 politisch zerrüttet. Unter den Kaisern Theodoros II. (1855-68), Johannes IV. (1872-89) und Menelik II. (1889-1913) stärkte Äthiopien wieder seine zentrale Staatsmacht. Mit dem Sieg bei Adua (1896) konnte es einen italienischen Eroberungsversuch abwehren.
Eine Reform des Islam im Sinne der Rückkehr zur »Reinheit seines Ursprungs« war das Ziel mehrerer Staatengründer des 19. Jahrhunderts in Westafrika. Im Fouta Djalon (heute Guinea) errichteten Fulbe schon um 1750, im Fouta Toro und Bondu (heute Senegal) nach 1776 islamische Theokratien. Der bedeutendste Reformator aus dem weit verstreuten Viehzüchtervolk der Fulbe war Osman dan Fodio (1805-17), der im Hausaland (heute Nordnigeria) und Adamaua (Nordkamerun) einen islamischen Großstaat begründete, der in seiner Struktur (»Kalifat von Sokoto«) die Kolonialzeit überdauert hat. Von ihm inspiriert, entstand 1818 am mittleren Niger zwischen Timbuktu und Djenné ein Fulbestaat um die Hauptstadt Hamdallahi (»Lob sei Gott«), der einen starken Druck auf die südlich angrenzenden Staaten Yoruba und Benin ausübte. Im Osten konnte sich Kanem-Bornu nur mit Mühe behaupten. Am oberen Niger entstand ein zweites Fulbereich unter Hamadu Scheku. Im westlichen Fulbereich am oberen Senegal und Niger herrschte 1850-64 El-Hadj Omar Saidou Tall. Er stieß 1857 mit den expandierenden Franzosen zusammen und eroberte 1862 Hamdallahi; nach seinem Tod regierte sein Sohn Ahmadou von Ségou (heute Mali) aus den Staat weiter. Ab 1865 errichtete der Dioula Samory Touré im Land der Mandingo eine neue islamische Herrschaft. Die beiden zuletzt genannten Staaten unterlagen nach 1885 Frankreich. Die letzte große islamische Reformbewegung im Afrika des 19. Jahrhunderts war der Aufstand des »Mahdi« Mohammed Ahmed 1881 gegen die ägyptische Herrschaft im Sudan; sein Staat überdauerte den Tod des Stifters 1885, eroberte im gleichen Jahr das von dem britischen General C. G. Gordon verteidigte Khartum und brach erst 1898 vor dem britischen Angriff unter Lord Kitchener zusammen. Jagd auf schwarze Sklaven in Ostafrika betrieb der Staat des Mahdi ebenso wie das arabische Sultanat Sansibar, das sich 1830 unter Sajjid Said von Oman löste und bald bis in das östliche Kongobecken den Handel (v. a. die Ausfuhr von Elfenbein) kontrollierte. Die Himastaaten, unter denen jetzt Buganda hervorragte, bewahrten ihre Selbstständigkeit. Mirambo, 1860-84 Herrscher der Nyamwezi in Zentraltanganjika, bot den Sansibari die Stirn. Er bediente sich dabei einer überlegenen Kriegstechnik, die in Südafrika von Chaka, dem Gründer des Zulustaates, entwickelt worden war. Die Eroberungskriege der Zulu lösten im ganzen südöstlichen Afrika Massenflucht, Völkerwanderungen und Feldzüge aus; die Erinnerung an diesen Mfecane (in der Sprache der Nguni: Krieg, Verwüstung) blieb bis heute lebendig. Eine Heerschar errichtete 1820 den Staat der Ndebele im heutigen Simbabwe. 1838 besiegten burische Siedler, die im Großen Treck das Kapland verlassen hatten, um der britischen Herrschaft (seit 1806) zu entgehen, die Zulu unter Dingane am »Blutfluss« in Natal. 1879 unterwarf Großbritannien die Zulu nach ihrer Niederlage bei Ulundi seiner Herrschaft; jedoch besteht das politische System der Zulu bis heute fort. Auch die Nationen der Swasi und Sotho formierten sich im Verlauf des Mfecane.
Die koloniale Eroberung Afrikas durch europäische Mächte, oft ausgehend von früher an der Küste errichteten (Sklaven-)Handelsplätzen, konkurrierte mit der Dynamik einheimischer afrikanischer Politik des 19. Jahrhunderts und brachte sie schließlich scheinbar zum Erliegen. Die heutige Geschichtsforschung erkennt jedoch immer öfter, dass Afrikaner es verstanden, die fremde Macht in den Dienst eigener Interessen zu stellen; dies schloss jedoch eine allmählich wachsende afrikanische Bereitschaft, religiöse Vorstellungen (besonders das Christentum in verschiedenen konfessionellen Ausprägungen) sowie kulturelle Einrichtungen (Bildungs- und Schulsystem) und technische Neuerungen (Informationsmedien) zu übernehmen, nicht aus.
Großbritannien behielt nach dem Ende der napoleonischen Kriege das Kapland, konsolidierte seine Ostgrenze gegen die Xhosa, brachte neue britische Siedler ins Land, verbot die Sklavenhaltung und löste dadurch 1834 den Abzug eines Teils der Buren aus (Großer Treck). Diese gründeten 1840 in Natal (1843 von Großbritannien annektiert), 1842 am Oranje (Oranjefreistaat) und jenseits des Vaal (Transvaal) selbstständige Republiken. - Frankreich eroberte nach 1830 in blutigen Kämpfen Algerien; 1847 kapitulierte Abd el-Kader, der bedeutendste Führer des islamischen Widerstandes. Am Senegal erweiterte Gouverneur L. Faidherbe ab 1854 den französischen Besitz. - Portugal stärkte seine Präsenz in Angola und Moçambique. - In Europa beeindruckten die Entdeckungsreisen ins Innere Afrikas das gebildete Publikum und weckten Hoffnungen auf Ausweitung des Handels. Neue katholische Missionsorden und protestantische Missionsgesellschaften wurden in Afrika aktiv.
Dennoch scheuten viele politische Kräfte in Europa bis nach 1880 vor großräumigen Eroberungen in Afrika zurück. Noch 1884-85, als in Berlin auf französische und deutsche Einladung Vertreter der europäischen Staaten, der USA und des Osmanischen Reiches zu einer Afrikakonferenz zusammentraten, wollten sie nur den Freihandel sichern und Rivalitäten untereinander vorbeugen. Von gegenseitiger Furcht vor diskriminierenden Schutzzöllen getrieben, durch die Gründung eines Kongostaates auf privater Basis seitens des belgischen Königs Leopold II. angetrieben, setzte jedoch der Wettlauf der Mächte um die koloniale Aufteilung Afrikas ein. Dabei spielte das Interesse Londons eine Hauptrolle, die militärische Besetzung Ägyptens (1882) zu verewigen, den Seeweg nach Indien durch den Suezkanal zu beherrschen und Britisch-Indien durch Kontrolle des Indischen Ozeans und seiner Küsten abzuschirmen.
Frankreich eroberte eine zusammenhängende Landmasse zwischen Algerien, Senegal und dem Kongo. Deutschland sicherte sich Kolonien in Togo, Kamerun sowie Ostafrika (heute Tansania, Ruanda, Burundi) und Südwestafrika (heute Namibia). Belgien beerbte 1908 seinen König. Um diese Zeit waren die Grenzen der Kolonien vertraglich gezogen, wobei es nur selten zu Krisen zwischen den Kolonialmächten kam (britisch-französischer Zusammenstoß in Faschoda am Nil 1898, Faschodakrise). Erst die (vergeblichen) Bemühungen des Deutschen Reiches 1904-11, sich in Marokko gegen französisch-spanische Ansprüche durchzusetzen, belasteten das europäische Mächtegleichgewicht nachhaltig und trugen zur Entstehung des Ersten Weltkrieges bei. - In Südafrika unterwarf Großbritannien im Burenkrieg (1899-1902) den Oranje-Freistaat und Transvaal, gewährte aber 1910 allen Weißen Selbstregierung im Rahmen der Südafrikanischen Union (gebildet aus Kapkolonie und Natal sowie den Burenstaaten Oranje-Freistaat und Transvaal).
Die koloniale Aufteilung Afrikas bewirkte rasche soziale und wirtschaftliche Wandlungen. Neue Verwaltungshauptstädte, meist Hafenplätze, zogen immer mehr Menschen an. Afrika begann bergbauliche Rohstoffe und Agrarerzeugnisse nach Europa zu liefern; neue Schichten von Lohnarbeitern, marktorientierten Bauern, Verwaltungspersonal entstanden. Kapitalexport nach Afrika und Industrieansiedlung dort blieben jedoch schwach. Die Politik begann sich den jeweiligen Kolonialgrenzen anzupassen.
Im Zeichen afrikanischen Widerstandes gegen die Fremdherrschaft brachen bewaffnete Aufstände aus, die jedoch blutig niedergeschlagen wurden (z. B. Hererokrieg in Deutsch-Südwestafrika 1904, Maji-Maji in Deutsch-Ostafrika 1905-06, Chimurenga in Rhodesien 1896-97).
In den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts konnten Frankreich und Spanien in Marokko den Aufstand der Rifkabylen unter Abd el-Krim niederschlagen und ihre Kolonialherrschaft dort festigen. Unter faschistischer Herrschaft erweiterte Italien seinen Kolonialbesitz durch Brechung des bewaffneten Widerstandes der Senussi in Libyen (1922-23) und die Eroberung Äthiopiens (1935-36), unbeeindruckt von wirtschaftlichen Sanktionen des Völkerbunds.
Passiver Widerstand äußerte sich in Verweigerung schlecht entlohnter Arbeit, auf religiöser Ebene in Bildung eigener christlichen Kirchen (z. B. durch S. Kimbangu in Belgisch-Kongo 1921; »äthiopische« und »zionistische« Kirchen Südafrikas) und verstärkter Ausbreitung des Islam.
Im Ersten Weltkrieg verlor das Deutsche Reich seine Kolonien; sie wurden im Versailler Vertrag (1919) als Mandate des Völkerbundes den Siegermächten übertragen. 1922 entließ Großbritannien Ägypten in die Unabhängigkeit, die ab 1936 konkretere Formen annahm. Mit dem Westminsterstatut (Britisches Reich und Commonwealth) gewann auch die Südafrikanische Union ihre Souveränität.
Während des Zweiten Weltkriegs war Nordafrika 1940-43 Kriegsschauplatz. Nach Gründung des Staates Israel (1948) gerieten die arabisch-islamischen Staaten Nordafrikas in das Spannungsfeld des Nahostkonflikts; besonders Ägypten spielte als Nachbar Israels in ihm eine zentrale Rolle.
In den Kolonien europäischer Staaten entstanden Befreiungsbewegungen; im Kampf um die Unabhängigkeit ihrer Länder und Völker beriefen sie sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, wie es v. a. in der UNO-Charta niedergelegt ist. Zumeist gingen Großbritannien und Frankreich auf politische Reformen ein und entließen nach einer Übergangsperiode ihre Besitzungen in die Unabhängigkeit, wobei die alten Kolonialgrenzen in der Regel bestehen blieben. Nur in wenigen britischen und französischen Kolonialterritorien (Kenia, Kamerun, Algerien, Rhodesien, Simbabwe) kam es zu Aufständen, bevor diese Länder ihre Unabhängigkeit erhielten. In Algerien v. a. entwickelte sich der Aufstand zu einem Krieg (»Algerienkrieg«) mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Portugal musste nach einem langen Kolonialkrieg Angola, Moçambique und Guinea-Bissau 1974/75 aufgeben. In der Südafrikanischen Union (seit 1961 Republik Südafrika) festigten die Weißen, besonders die Buren, ihr Machtmonopol durch die Politik der Apartheid, gerieten aber zunehmend unter inneren und äußeren Druck. In Namibia behauptete die Republik Südafrika ihre Herrschaft, die 1966 von der UNO und 1971 vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag für illegal erklärt worden war, noch bis 1990.
Neueste Entwicklung
Seit etwa 1960 stellt Afrika eine starke Staatengruppe in der Generalversammlung der UNO. 1963 schlossen sich alle unabhängigen Staaten des Kontinents zur Organization of African Unity (OAU, »Organisation für Afrikanische Einheit«) zusammen; sie bemüht sich um die Beilegung von Konflikten zwischen ihren Mitgliedstaaten und versucht, bei innerstaatlichen Krisen zu vermitteln. Seit Beginn der 80er-Jahre wird ihre Arbeit jedoch zunehmend durch innerafrikanische Spannungen erschwert.
Innenpolitisch hatten die abziehenden Kolonialmächte den neuen Staaten demokratische Verfassungen v. a. britischen und französischen Zuschnitts hinterlassen, vielfach wandelten sich diese Staaten jedoch zu Einparteienherrschaften und Präsidialdiktaturen. Ungleichgewichte in der Einkommensverteilung sowie Korruption im Staatsapparat förderten die latente politische Instabilität in diesen Ländern. Besonders Großbritannien und Frankreich hatten in ihren Kolonien moderne Verwaltungs- und Erziehungssysteme aufgebaut, gleichzeitig jedoch eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Wirtschaftsstruktur. Die unabhängig gewordenen Staaten Afrikas blieben faktisch oft in ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Die schwarzafrikanischen Staaten in West-, Zentral- und Ostafrika suchen unter Überwindung des Tribalismus die ungleichartige Bevölkerung zu Nationen zusammenzufügen und ein modernes Staatsbewusstsein zu entwickeln. Politische Instabilität führte in den 70er- und beginnenden 80er-Jahren zu vielen Staatsstreichen und zur Errichtung von Diktaturen. Neben den westlichen Mächten gewannen in Afrika von Mitte der 70er- bis Ende der 80er-Jahre die kommunistischen Staaten UdSSR, Kuba und die DDR in Angola, Moçambique und Äthiopien an Einfluss.
Unter dem Eindruck der Veränderungen in Osteuropa sind seit Beginn der 90er-Jahre in vielen afrikanischen Staaten demokratische Tendenzen sichtbar. So wurde in zahlreichen Ländern der Übergang vom diktatorischen Einparteienstaat zum pluralistischen Parlamentarismus angekündigt oder bereits eingeleitet, oft über den Weg von Nationalkonferenzen; in der Republik Südafrika begann 1990 der schrittweise Abbau der Apartheid. Es wurden Diktaturen gestürzt und durch Mehrparteiensysteme ersetzt (u. a. Benin, Mali, Kap Verde, Äthiopien, Sambia); in anderen Staaten sind Wahlrechts- und Wirtschaftsreformen in Gang gekommen, ohne dass sich jedoch die autoritären Regime im Kern gewandelt hätten (u. a. Gabun, Senegal, Elfenbeinküste, Kamerun, Kenia); daneben haben in einigen Ländern separatistischen und tribalistischen Bewegungen zur politischen Destabilisierung beigetragen (u. a. Somalia, Liberia, Sudan, Tschad, Burundi, Angola). Als besonders hinderlich für eine Demokratisierung erwiesen sich häufig neben der katastrophalen wirtschaftlichen Situation ethnischer Konflikte, die ihre Ursache oft in der willkürlichen Grenzziehung durch die ehemaligen Kolonialmächte haben. Die politischen und im Konfliktfall militärischen Parteien orientierten sich in den multiethn. Staaten Afrikas oft an Stammes- (z. B. Burundi, Ruanda) beziehungsweise Klanloyalitäten (z. B. Somalia). Die kriegerischen Auseinandersetzungen waren dabei zum Teil von entsetzlicher Brutalität gekennzeichnet und führten bis zum Völkermord (z. B. Bürgerkrieg in Ruanda 1994). Friedens- und Hilfsmissionen der UNO scheiterten in diesen Ländern, die Eskalation der Gewalt konnte nicht verhindert werden. Bemerkenswert war 1994 der friedliche Übergang des Apartheidstaates Südafrika zu einem demokratischen und nichtrassistischen Land. Im Zuge der Tendenzen zur politischen Selbstbestimmung entstand als neuer Staat in Afrika 1994 Eritrea; ein Referendum unter UNO-Aufsicht soll über die Unabhängigkeit von Westsahara entscheiden.
Neben Tendenzen zur Demokratisierung gewann zu Beginn der 90er-Jahre der islamische Fundamentalismus zunehmend an Einfluss. Dies schlug sich in den arabischen nordafrikanischen Staaten teilweise in bewaffneten Konflikten zwischen islamisch-fundamentalistisch orientierten Untergrundbewegungen und der Staatsmacht nieder (z. B. Algerien, Ägypten), führte aber auch in anderen Gebieten zu Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen (z. B. Sudan, Nigeria). Zum Aufbau und der Förderung demokratischer Strukturen sowie der Durchsetzung der Menschenrechte soll die 2002 vollzogene Umwandlung der OAU in die Afrikanische Union beitragen.
Hauptprobleme des Kontinents sind gegenwärtig ethnische und soziale Konflikte, eine hohe Schuldenlast und Korruption sowie Überbevölkerung, die Verbreitung von Krankheiten (v. a. Aids), Armut und Unterernährung. Zur Überwindung der vielfältigen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Probleme wurde 2002 von Südafrika, Senegal, Nigeria, Algerien und Ägypten die allen afrikanischen Staaten offenstehende »Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung« (Abkürzung NEPAD für englisch New Partnership for Africans Development) initiiert, um v. a. die Zusammenarbeit mit den Geberländern bzw. den Industriestaaten auf eine neue Grundlage zu stellen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
afrikanische Kunst · afrikanische Literatur · afrikanische Musik · afrikanische Sprachen · Entdeckungsgeschichte · Entkolonialisierung · Flüchtlinge · Kolonie · Naturvölker · Neokolonialismus · Organization of African Unity · Sklaverei · Tribalismus
Bibliographien:
P. Paulitschke: Die A.-Literatur in der Zeit von 1500 bis 1750 n. Chr. (Wien 1882; Nachdr. Amsterdam 1964);
Dokumentationsdienst A. Ausgewählte neuere Lit., hg. vom Dt. Inst. für A.-Forschung, Bd. 1 (1973 ff.);
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Fachkatalog A., bearb. v. I. D. Wolcke-Renk, Bd. 5 (1981).
Handbücher:
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Africa south of Sahara 1985-86 (London 151985);
The Middle East and North Africa 1985-86 (London 321985);
Africa guide 1986 (Chicago, Ill., 1985).
Allgemeines:
Cultures and societies of Africa, hg. v. S. u. P. Ottenberg (ebd. 1960);
W. Hirschberg: Völkerkunde A.s (1965);
W. Hirschberg: Die Kulturen A.s (1974);
Meyers Kontinente u. Meere: A. (1968);
R. Knapp: Die Vegetation von A. (1973, mit Bibliogr.);
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Die Völker A.s u. ihre traditionellen Kulturen, hg. v. H. Baumann, 2 Bde. (1975-1979, mit Bibliogr.);
R. J. Church: Africa and the Islands (New York 41977);
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W. Manshard: A., südlich der Sahara (81981, mit Bibl.);
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G. Camps: Les civilisations préhistoriques de l'Afrique du Nord et du Sahara (Paris 1974);
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P. Simons: Entdeckungsreisen in A. (1984);
C. Essner: Dt. Afrikareisende im 19. Jh. (1985).
Weitere Literatur: Entdeckungsgeschichte.
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J. A. Langley: Ideologies of liberation in Black Africa, 1856-1970 (Totowa, N. J., 1979);
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UNESCO General History of Africa, hg. v. J. Ki-Zerbo u. a. (auf 8 Bde. ber., Paris 1981 ff.).
100 Jahre A. u. die Deutschen, hg. v. W. Höpker (21985);
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Afrika. Ressourcen, Wirtschaft, Entwicklung (1997);
U. Engel u. H.-G. Schleicher: Die beiden dt. Staaten in Afrika. Zw. Konkurrenz u. Koexistenz 1949-1990 (1998);
H. L. Wesseling: Teile u. herrsche. Die Aufteilung Afrikas 1880-1914 (1999);
F. Ansprenger: Polit. Gesch. Afrikas im 20. Jh. 31999);
J. Iliffe: Gesch. Afrikas (a. d. Engl., 22000);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Nordafrika unter dem Islam bis zur osmanischen Eroberung: Eroberte und Eroberer
afrikanische Gesellschaften in der Geschichte: Aus dem Dunkel der Zeiten
afrikanische Großreiche der Sudanzone: Zwischen Regenwald und Wüste
Simbabwe und Monomotapa: Steinerne Zeugen der Größe
Äthiopien im Mittelalter (12. bis 19. Jahrhundert): Christliche Insel in Ostafrika
Afrikas Erforschung: Aufbruch ins Innere des dunklen Kontinents
Nordafrika in der frühen Neuzeit: Zwischen Europäern und Osmanen
islamische Reformstaaten der Sudanzone (18. und 19. Jahrhundert): Das Schwert des Glaubens
Suahelikultur (12. bis 19. Jahrhundert): Ostafrika zwischen den Kulturen
westafrikanische Militärstaaten (17. bis 19. Jahrhundert): Lohn der Gewalt
Südafrika zwischen Niederländern und Briten (1652 bis 1840): Europäer am Kap
Kolonialismus: Das Beispiel Afrika
Kolonialismus: Die großen Kolonialreiche
afrikanische Kultur: Die mündliche Tradition
afrikanische Kulturen: Königreiche und Stammeskulturen in Schwarzafrika
afrikanische Musik schriftloser Kulturen
afrikanische Religionen: Priester und Heiler
afrikanisches Königtum und Herrscherinsignien
afrikanische Skulptur: Unbewegtheit und Symmetrie
afrikanische Völker: Ihre spirituelle Welt
Afrika: Traditionelle Religionen, Christentum und Islam
Masken Schwarzafrikas: Ihre Belebung im Tanz
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Afri|ka ['a:frika, auch: 'af...]; -s: drittgrößter Erdteil.
Universal-Lexikon. 2012.