Akademik

Wolf
Meister Isegrim (umgangssprachlich); Lupus (fachsprachlich); Intertrigo (fachsprachlich); intertriginöses Ekzem (fachsprachlich); Hautwolf; Wundsein

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Wolf [vɔlf], der; -[e]s, Wölfe ['vœlfə]:
1. einem Schäferhund ähnliches, häufig in Rudeln lebendes Raubtier:
die Wölfe heulen; ein Rudel Wölfe.
2. Maschine zum Zerkleinern (z. B. von Fleisch, Papier o. Ä.):
er hat das Fleisch durch den Wolf gedreht.
Zus.: Fleischwolf.

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Wọlf 〈m. 1u
1. 〈Zool.〉 Raubtier, Urahn des Haushundes mit dem deutschen Schäferhund ähnelndem Erscheinungsbild: Canis lupus
2. 〈Tech.〉 mit Zähnen versehene Maschine, die Faserbündel auflockert (Krempel\Wolf, Reiß\Wolf)
3. 〈kurz für〉 Fleischwolf
4. 〈Med.〉 = Intertrigo
● sich einen \Wolf laufen, reiten sich wundlaufen, -reiten; →a. Intertrigo ● Fleisch durch den \Wolf drehen; ich bin wie durch den \Wolf gedreht 〈umg.; scherzh.〉 völlig zerschlagen, alle Knochen tun mir weh; der \Wolf in der Fabel →a. Lupus; mit den Wölfen heulen 〈fig.〉 mitmachen, was die Umwelt tut, die Meinung der anderen unterstützen um des eigenen Vorteils willen; hungrig wie ein \Wolf sein sehr hungrig sein; →a. Schaf(s)pelz [<mhd., ahd. wolf <got. wulfs, anord. ulfs <germ. *wolfa, *wulfa; urverwandt mit <idg. *uel „(an sich) reißen“]

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Wọlf , der; -[e]s, Wọ̈lfe [mhd., ahd. wolf, wahrsch. eigtl. = der Reißer]:
1. (in Wäldern u. Steppen der nördlichen Halbkugel vorkommendes) einem Schäferhund ähnliches, häufig in Rudeln lebendes Raubtier:
ein Rudel Wölfe;
die Wölfe heulen;
er war hungrig wie ein W. (ugs.; hatte großen Hunger);
R der W. in der Fabel (Lupus in fabula);
ein W. im Schafspelz/(auch:) Schafsfell/(auch:) Schafskleid sein (sich harmlos geben, freundlich tun, aber dabei böse Absichten hegen u. sehr gefährlich sein; nach Matth. 7, 15);
mit den Wölfen heulen (ugs.; sich aus Opportunismus u. wider besseres Wissen dem Reden od. Tun anderer anschließen);
unter die Wölfe geraten [sein] (brutal behandelt, ausgebeutet werden).
2. [nach dem reißenden, gierig fressenden Tier] (ugs.)
a) Kurzf. von Fleischwolf:
etw. durch den W. drehen;
sie fühlten sich wie durch den W. gedreht (ganz zerschlagen, zermürbt);
jmdn. durch den W. drehen (salopp; jmdm. hart zusetzen);
b) Kurzf. von Reißwolf:
alte Akten im W. vernichten.
3. <o. Pl.> [nach dem reißenden, gierig fressenden Tier] (volkstüml.) Kurzf. von Hautwolf:
der W. war sehr schmerzhaft, lästig, hinderlich;
sich einen W. laufen (sich durch langes Laufen einen Hautwolf zuziehen);
Ü sich einen W. reden (salopp; lange [vergeblich] auf jmdn. einreden [u. dabei heiser werden]).

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I
Wolf
 
[althochdeutsch wolf, eigentlich »der Reißende«],
 
 1) Astronomie: lateinisch Lupus, Abkürzung Lup, ein an die Sternbilder Skorpion und Kentaur angrenzendes kleineres Sternbild des südlichen Himmels, dessen nördliche Teile von unseren Breiten aus im Frühjahr am Abendhimmel sichtbar sind.
 
 2) Biologie: Canis lupus, in den unterschiedlichsten Lebensräumen lebendes, früher in ganz Eurasien und Nordamerika verbreitetes Raubtier (Unterfamilie Hunde), das heute durch weitgehende Ausrottung nur noch in Rückzugsgebieten vorkommt (größere Bestände noch in Asien, Alaska, Kanada); etwa 50-100 cm schulterhoch, Kopf-Rumpf-Länge 100-160 cm; Schwanzlänge 30-50 cm; Höchstgewicht bis 80 kg; Wölfe leben gesellig, meist in Familienrudeln mit etwa zwölf Tieren, mit ausgeprägter Rangordnung; sie sind Hetzjäger, die v. a. im Winter auch große Beutetiere (bis Elchgröße) zur Strecke bringen; Angriffe auf Menschen sind nicht einwandfrei nachgewiesen. - Brunstzeit ist Ende Dezember bis April; in der Regel pflanzt sich nur das »Alpha-Paar« eines Rudels fort; nach einer Tragzeit von etwa neun Wochen bringt das Weibchen in einem selbst gegrabenen Bau fünf bis sieben Junge zur Welt.
 
Man unterscheidet zahlreiche Unterarten, darunter den Rotwolf (Canis lupus niger), der in küstennahen sumpfigen Prärien von Osttexas und Louisiana lebt und dessen Bestände bedroht sind, die oft schwarz gefärbten Timberwölfe (mehrere Unterarten in den nordamerikanischen Wäldern) und den Polarwolf (Canis lupus tundrarum) mit dichtem, langhaarigem, fast weißem Fell, der im äußersten Nordwesten Nordamerikas verbreitet ist. In Europa ist der Eurasische Wolf (Canis lupus lupus) in Restbeständen erhalten. - Wölfe werden in freier Wildbahn höchstens zehn, in Menschenobhut bis 20 Jahre alt.
 
Der Wolf ist die Stammform des Haushundes mit seinen vielen Zuchtrassen. Wolfsfelle kommen heute v. a. aus Sibirien (Oberhaar relativ rau) und aus Kanada (mit besonders langem, weichem Oberhaar) in den Handel; sie werden v. a. zu Mänteln, Jacken und Besätzen verarbeitet.
 
Kulturgeschichte:
 
Auf den altsteinzeitlichen Wandbildern in den Höhlen Südfrankreichs sind auch Wölfe zu finden.
 
In der Mythologie vieler Völker spielt der Wolf eine Rolle: Eine Wölfin säugte die ausgesetzten Zwillinge Romulus und Remus und ermöglichte so die Gründung Roms (Kapitolinische Wölfin). Bei den Griechen hatten sowohl Zeus als auch Apoll einen Wolfsaspekt und trugen den Beinamen Lykeios. Bei den Germanen galt der Wolf als Tier des Schlachtfelds und war daher Odin zugeordnet; auf Helmen und Schwertscheiden (nachweisbar durch Prägebleche) wurden oft mit Wolfsfellen vermummte Krieger als seine Begleiter dargestellt. In ihrem Endzeitglauben spielen Wölfe als Dämonen des Untergangs eine große Rolle: Der Fenriswolf (Fenrir) kündet das Nahen des Götteruntergangs (Ragnarök). Eine den Slawen eigene mythische Gestalt ist der Wolfshirte, der Herr der Wölfe, an dessen Stelle in Russland und besonders in Georgien oft der heilige Georg tritt. - Im Neuen Testament (Matthäus 7, 15) warnt Jesus vor falschen Propheten als Wölfe im Schafspelz, und auf der Tafel »Erschaffung der Tiere« des Grabower Altars des Meisters Bertram (1379), die die Tiere friedlich darstellt, hat sich der Wolf in das Lamm verbissen: ein vorausdeutendes Bild auf den Tod Christi. Der mittelalterliche Volksglaube sah den Wolf als Geschöpf böser Dämonen oder des Teufels an. Hexen, Zauberer, selbst der Teufel erschienen in Wolfsgestalt oder ritten auf Wölfen. Auch Menschen konnten Wolfsgestalt annehmen und wurden Werwölfe. Auch in vielen Fabeln (z. B. denen Äsops) kommt der Wolf vor, in der deutschen Tierdichtung als Isegrim (u. a. in dem Epos »Ysengrimus«, 1148/49, von Nivardus von Gent). Im Märchen vertritt der Wolf meist das Falsche und Böse (»Der Wolf und die sieben jungen Geißlein«, »Rotkäppchen«, bis hin zu W. Disneys Comicfigur des großen bösen Wolfs).
 
 
Literatur:
 
D. Bernard: W. u. Mensch (a. d. Frz., 1983);
 H. Okarma: Der W. Ökologie, Verhalten, Schutz (a. d. Poln., 1996);
 E. Zimen: Der W. Verhalten, Ökologie u. Mythos (Neuausg. 1997).
 
 3) Medizin: das Wundsein der Haut.
 
 4) Spinnerei: Maschine zum Öffnen, Reinigen und Mischen in der Streichgarnspinnerei, u. a. der Reißwolf.
 
II
Wọlf,
 
1) Caspar, schweizerischer Maler, * Muri (AG) 3. 5. 1735, ✝ Heidelberg 6. 10. 1783; verband in seinen Landschaftsbildern detailgetreue Darstellung mit romantisierenden Elementen; schuf auch Illustrationen (»Alpes helveticae«, 1767-68) und betätigte sich als Ofen- und Tapetenmaler (Sommerhaus des Klosters Muri, 1762 und 1763).
 
Literatur:
 
W. Raeber: C. W., 1735-1783. Sein Leben u. sein Werk (Aarau 1979);
 
C. W. 1735-1783, bearb. v. Y. Boerlin-Brodbeck, Ausst.-Kat. (Basel 1980);
 
In Nebel aufgelöste Wasser des Stromes. Hommage à C. W., hg. v. B. Wismer, Ausst.-Kat. Aargauer Kunsthaus, Aarau (1991).
 
 2) Christa, Schriftstellerin, * Landsberg (Warthe) 18. 3. 1929; studierte Germanistik in Jena und Leipzig; Lektorin, Redakteurin und Kritikerin; seit 1962 freie Schriftstellerin. Nach der »Moskauer Novelle« (1961), die noch von der naiven Hoffnung auf die bessere Welt des Sozialismus zeugt, erregte sie Aufsehen mit der Erzählung »Der geteilte Himmel« (1963, verfilmt) durch eine für die DDR-Literatur neue Konfliktstruktur. Bei grundsätzlicher Bejahung des Sozialismus, v. a. seiner utopischen Momente, konnten die Leser hier Indizien für eine Skepsis gegenüber dem sozialistischen Alltag finden, besonders in der eindringlichen Gestaltung der Frauen und deren subjektivem Erleben. Diese Linie ihres Schaffens verstärkte sich in dem Roman »Nachdenken über Christa T.« (1968); seine distanzierte Darstellung der DDR-Gesellschaft, vermittelt durch eine subjektive Erzählweise, stieß in der Kulturbürokratie auf Ablehnung und führte zu einer publizistischen Kampagne gegen die Autorin. In den Essays des Bandes »Lesen und Schreiben« (1972) reflektiert Wolf ihre ästhetischen Positionen (»subjektive Authentizität«), die sie in dem autobiographisch beeinflussten Roman »Kindheitsmuster« (1976) mit künstlerischer Meisterschaft ausführt; ihr gelingt es hier, verschiedene Problemkreise zu verbinden: die historischen Erklärungsmuster des nationalsozialistischen Regimes und die persönliche Verantwortung des Einzelnen, die Zuverlässigkeit von Erinnerung und die Darstellbarkeit einer gleichermaßen individuellen wie exemplarischen Lebensgeschichte. Zur Tragödie »unlebbaren Lebens« verallgemeinert Wolf eine (fiktive) Begegnung H. von Kleists mit Karoline von Günderode in der reflexionsreichen, essayistischen Erzählung »Kein Ort. Nirgends« (1979). Immer wieder kreist Wolfs Prosa um Frauengestalten, die die Normen der männlich dominierten Gesellschaft durchbrechen, am eindringlichsten in »Kassandra« (1983), wo sie aus der mythischen Unglücksprophetin die Protagonistin einer subversiven, weiblich geprägten Gegenkultur macht.
 
Obwohl sich Wolf seit den 70er-Jahren aus dem offiziellen Kulturleben weitgehend zurückgezogen hatte und ihre Texte nun eine nicht mehr verheimlichte Absage an den realen Sozialismus implizierten (in »Störfall«, 1987, auch an einem Gegenwartsstoff), wurden ihre Werke in der DDR gedruckt, da sie eine der wenigen Repräsentanten von internationalem Ruf war. Mit dem politisch-gesellschaftlichen Umbruch 1989/90 verlor Wolf ihre herausragende Stellung als Symbolfigur intellektueller Selbstständigkeit, ihre Erzählung »Was bleibt« (entstanden 1979, veröffentlicht 1990), das Psychogramm einer bespitzelten Frau, löste sogar einen »Literaturstreit« aus, der als Grundsatzdebatte um die Anpassung der Schriftsteller an den Staat DDR geführt wurde. Mit »Medea. Stimmen« (1996) nahm Wolf die Neuinterpretation mythischer Frauenschicksale wieder auf, wandte sich aber in der großen Erzählung »Leibhaftig« (2002) erneut der schmerzliche Auseinandersetzung mit der Rolle der Intellektuellen in der DDR zu.
 
Wolf erhielt u. a. 1980 den Georg-Büchner-Preis und 1984 den Großen Österreichischen Staatspreis für europäische Literatur; seit 1994 ist sie Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin.
 
Weitere Werke: Erzählungen: Till Eulenspiegel. Erzählung für den Film (1973, mit G. Wolf); Unter den Linden (1974).
 
Prosa: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung (1980); Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra (1983); Die Dimension des Autors. Essays und Aufsätze, Reden und Gespräche 1959-1985, 2 Bände (1986); Ansprachen (1988); Sommerstück (1989); Reden im Herbst (1990); Auf dem Weg nach Tabou (1994); Hierzulande Andernorts. Erzählungen u. a. Texte 1994-1998 (1999).
 
Ausgaben: Gesammelte Erzählungen (1989); Sei gegrüßt und lebe. Eine Freundschaft in Briefen, 1964-1973. C. Wolf und Brigitte Reimann, herausgegeben von A. Drescher (1993); C. Wolf und Franz Fühmann. Monsieur - wir finden uns wieder. Briefe 1968-1984, herausgegeben von derselben (1995); Werke in 12 Bänden, herausgegeben von derselben (1999-2001).
 
Literatur:
 
S. Hilzinger: Kassandra. Über C. W. (21984);
 S. Hilzinger: C. W. (1986);
 
C. W., hg. v. H. L. Arnold (31985);
 W. Krogmann: C. W. Konturen (1989);
 
C. W. Ein Arbeitsbuch, hg. v. A. Drescher (Neuausg. 1990);
 
Der dt.-dt. Lit.-Streit oder »Freunde, es spricht sich schlecht mit gebundener Zunge«. Analysen u. Materialien, hg. v. K. Deiritz u. a. (1991);
 A. Stephan: C. W. (41991);
 
Akteneinsicht C. W., hg. v. H. Vinke (21993);
 B. Dröscher: Subjektive Authentizität. Zur Poetik C. W.s zw. 1964 u. 1975 (1993);
 
»Es geht nicht um C. W.« Der Literaturstreit im vereinten Dtl., hg. v. T. Anz (Neuausg. 1995);
 F. Baumer: C. W. (Neuausg. 1996).
 
 3) Christian Freiherr von, Philosoph, Wolff, Christian Freiherr von.
 
 4) Ebert (Eckbert), der Jüngere, auch E. Wọlff, E. Wụlf, Bildhauer, ✝ 1608/09; ab 1603 in Bückeburg, wo er mit seinem Vater Ebert Wolf dem Älteren (✝ 1606/07) und seinen Brüdern Hans (✝ 1629) und Jonas (✝ 1618/19) für den Grafen Ernst III. (✝ 1622), den späteren Reichsfürsten von Schaumburg, tätig war. Er schuf u. a. einen von Engeln getragenen Altartisch (1601-04) und drei Kanzelreliefs (1603-08) für die Schlosskapelle in Bückeburg, mit seinem Bruder Jonas die Prunktür des Goldenen Saales im Bückeburger Schloss (1605).
 
 5) Erik Franz, Rechtsphilosoph und evangelischer Kirchenrechtslehrer, * Biebrich (heute zu Wiesbaden) 13. 5. 1902, ✝ Oberrotweil (heute zu Vogtsburg im Kaiserstuhl) 13. 10. 1977; ab 1928 Professor in Rostock, Kiel und Freiburg im Breisgau. Im Kirchenkampf war Wolf aktives Mitglied der Bekennenden Kirche. 1946-48 Vorsitzender des Verfassungsausschusses der EKD. Wolf verfasste zahlreiche Veröffentlichungen zum Strafrecht, zur Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und zum Problem der Möglichkeiten einer theologischen Rechtsbegründung. Er interpretierte antike und neuzeitliche Rechtsdenker mit philosophischer, u. a. von M. Heidegger angeregter Fragestellung. Einflüsse der protestantischen Theologie (K. Barth) zeigt Wolfs Rechtstheologie, die sich an »Rechtsweisungen« der Bibel sowie an der biblisch-anthropologischen Kategorie des Nächsten orientiert, ferner seine »christokratisch-bruderschaftliche« Kirchenrechtslehre.
 
Werke: Richtiges Recht im nationalsozialistischen Staate (1934); Große Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte (1939); Rechtsgedanke und biblische Weisung (1948); Griechisches Rechtsdenken, 4 Bände (1950-70); Das Problem der Naturrechtslehre (1955); Ordnung der Kirche, 2 Teile (1960-61); Rechtstheologische Studien (1972).
 
Literatur:
 
G. Bauer-Tornack: Sozialgestalt u. Recht der Kirche (1996).
 
 6) Ernst Friedrich, evangelischer Theologe, * Prag 2. 8. 1902, ✝ Garmisch-Partenkirchen 11. 9. 1971; ab 1931 Professor für Kirchengeschichte in Bonn, wurde wegen seiner Mitarbeit in der Bekennenden Kirche 1935 nach Halle (Saale) zwangsversetzt, lehrte ab 1945 Kirchengeschichte, ab 1957 Systematische Theologie in Göttingen. Wolf versuchte, die Theologie M. Luthers mit dem christologischen Ansatz K. Barths zu vermitteln.
 
Werke: Staupitz und Luther (1927); Peregrinatio, 2 Bände (1954-65); Sozialethik. Theologische Grundfragen (1975).
 
 7) Friedrich, Schriftsteller, * Neuwied 23. 12. 1888, ✝ Lehnitz (Landkreis Oberhavel) 5. 10. 1953, Vater von 11) und 12); Arzt; 1928 Mitglied der KPD, emigrierte 1933; nahm auf republikanischer Seite am Spanischen Bürgerkrieg teil, ging 1941 in die UdSSR, wo er 1943 an der Gründung des Nationalkomitees Freies Deutschland beteiligt war; kehrte 1945 nach Deutschland zurück, war 1949-51 Botschafter der DDR in Warschau; schrieb anfangs expressionistische, dann zeit- und sozialkritische Dramen, die er als Instrumente der politischen und sozialen Auseinandersetzungen ansah (formuliert in der Rede »Kunst ist Waffe«, 1928), mit sehr großem Erfolg in »Cyankali. § 218«, 1929). In dem Schauspiel »Professor Mamlock« (Uraufführung 1934, Erstausgabe in Moskau 1935 unter dem Titel »Doktor Mamlocks Ausweg. Tragödie der westlichen Demokratie«) setzte er sich mit der - auch selbst erfahrenen - Judenverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland auseinander. Daneben entstanden Erzählungen, Romane, Kinderbücher, Filmdrehbücher, Hörspiele, Gedichte sowie populärwissenschaftliche medizinische Werke (so das seinerzeit weit verbreitete »Die Natur als Arzt und Helfer«, 1928).
 
Weitere Werke: Dramen: Der arme Konrad (1924); Die Matrosen von Cattaro (1930); Bürgermeister Anna (1950); Thomas Münzer. Der Mann mit der Regenbogenfahne (1953).
 
Ausgaben: Gesammelte Werke, herausgegeben von E. Wolf u. a., 16 Bände (1960-68); Wer war Wolf?, herausgegeben von Henning Müller (1988).
 
Literatur:
 
W. Pollatschek: F. W. Eine Biogr. (Berlin-Ost 1963);
 W. Jehser: F. W. Leben u. Werk (Neuausg. 1982);
 
F. W.s Auseinandersetzung mit dem Faschismus u. seiner Ideologie, hg. v. E. Wolf (Berlin-Ost 1987).
 
 8) Friedrich August, klassischer Philologe und Altertumswissenschaftler, * Haynrode (Landkreis Eichsfeld) 15. 2. 1759, ✝ Marseille 8. 8. 1824; wurde 1783 Professor in Halle (Saale), 1810 an der Universität Berlin, an deren Gründung er ab 1807 maßgeblich beteiligt war. Durch seine »Prolegomena ad Homerum« (1795; deutsch »Prolegomena zu Homer«) initiierte er die kritisch-philologische Untersuchung der homerischen Werke und ihrer Entstehung. In enger Verbindung zu Wolf von Humboldt, Goethe und Schiller stehend, begründete er die Altertumswissenschaft im Sinne des Neuhumanismus als universale Disziplin; sein Verständnis des Griechentums als ideales Vorbild für die harmonische Ausbildung des Menschen wies der klassischen Philologie eine auch im Schulwesen bestimmende Rolle zu.
 
Ausgaben: Vorlesungen über die Alterthumswissenschaft, 6 Bände (1831-35); Kleine Schrr. in lateinischer und deutscher Sprache, 2 Bände (1869); F. A. Wolf. Ein Leben in Briefen, herausgegeben von S. Reiter u. a., 3 Bände und 2 Ergänzungsbände (1935-90, Ergänzungsband 1 Nachdruck 1990); Prolegomena to Homer, herausgegeben von A. Grafton u. a. (1985).
 
Literatur:
 
W. Körte: Leben u. Studien F. A. W.'s, des Philologen, 2 Bde. (1833);
 J. F. J. Arnoldt: F. A. W. in seinem Verhältnisse zum Schulwesen u. zur Pädagogik, 2 Bde. (1861-62);
 H. Funke: F. A. W., in: Classical scholarship, hg. v. W. W. Briggs u. a. (New York 1990).
 
 9) Hugo, österreichischer Komponist, * Windischgraz (heute Slovenj Gradec, Slowenien) 13. 3. 1860, ✝ Wien 22. 2. 1903; studierte 1875-77 am Wiener Konservatorium, wurde durch eine Aufführung von R. Wagners »Tannhäuser« 1875 zum leidenschaftlichen Wagnerianer, war einige Monate lang Chordirigent und 2. Kapellmeister am Salzburger Stadttheater und schrieb 1884-87 Musikkritiken im »Wiener Salonblatt«, in denen er vehement für Wagner, F. Liszt und A. Bruckner eintrat, während er J. Brahms sarkastisch verriss. Nach 1887 lebte er ärmlich als freischaffender Komponist in Wien oder in Landhäusern von Freunden. Nach einer Reihe wenig erfolgreicher Kompositionen folgten ab etwa 1883 erste, bereits reife Klavierlieder. Ab 1888 entstanden in einem knappen Jahrzehnt meisterhafte Liedersammlungen, komponiert jeweils in kurzen Phasen höchster Schaffensintensität, denen regelmäßig künstlerisch unfruchtbare Zeiten mit starken Depressionen folgten. Häufigere Aufführungen und regelmäßige Veröffentlichung seiner Werke in Druck (ab 1888) brachten ihm, v. a. in Deutschland, wachsendes Interesse entgegen. Frühe Krankheitserscheinungen verstärkten sich ab Mitte der 1890er-Jahre. 1897 brach eine progressive Paralyse vollends aus. Wolf kam in eine Heilanstalt, in der er, nach kurzer Unterbrechung 1898, bis zu seinem Tod blieb.
 
Die intensiven, plötzlich ausbrechenden produktiven Phasen machen Wolf zu einem, in dieser extremen Form seltenen Vertreter eines vollkommen auf Inspiration angelegten Künstlertypus. Dies erklärt auch die zentrale Stellung des romantischen Kunstlieds in seinem Schaffen, als dessen Vollender er gilt. Dagegen konnte sich, trotz großartiger Musik, seine komische Oper »Der Corregidor« (1895/96) ihrer epischen Anlage wegen ebenso wenig durchsetzen wie seine Instrumentalwerke, die sinfonische Dichtung »Penthesilea« (1883-85; nach H. von Kleist), das Streichquartett d-Moll (1878-84) und die »Italienische Serenade« für Streichquartett (1887; Fassung für kleines Orchester 1892). Wolf komponierte über 300 Lieder, von denen er etwa 230 nach Textdichtern geordnet in Heften veröffentlichte: u. a. 53 »Gedichte von Eduard Mörike« (1889), 20 »Gedichte von Joseph von Eichendorff« (1889), 51 »Gedichte von J. W. von Goethe« (1890), »Spanisches Liederbuch nach Heyse und Geibel« (1891; 10 geistliche und 34 weltliche Lieder); »Italienisches Liederbuch nach Paul Heyse« (Teil 1, 22 Lieder, 1892; Teil 2, 24 Lieder, 1896); »Drei Gedichte von Michelangelo« (1898). In ihnen tritt eine geniale Charakterisierungskunst hervor, die den poetischen Nuancen jedes einzelnen Gedichts ebenso gerecht wird wie dem besonderen Stil und Tonfall der verschiedenen Dichter. Die Singstimme wird äußerst differenziert behandelt und aus dem Sinn und Gestus der Sprache heraus gestaltet. Der Klavierpart tritt ihr in eigener Durchzeichnung und Plastizität gegenüber, bewegt sich nicht selten bis in Grenzbereiche spätromantischer Harmonik und Klanglichkeit und expandiert in manchen Liedern vollends zum Orchestralen. Eine Anzahl von Liedern hat Wolf selbst orchestriert.
 
Ausgabe: Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von der Internationalen H.-Wolf-Gesellschaft, auf zahlreiche Bände berechnet (1960 folgende).
 
Literatur:
 
G. Bieri: Die Lieder von H. W. (Bern 1935, Nachdr. Nendeln 1978);
 F. Grasberger: H. W. (Wien 1960);
 M. Saary: Persönlichkeit u. musikdramat. Kreativität H. W.s (1984);
 K. Honolka: H. W. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit (Neuausg. 1990);
 A. Dorschel: H. W. (21992).
 
 10) Johannes, Musikforscher, * Berlin 17. 4. 1869, ✝ München 25. 5. 1947; war 1928-34 Direktor der Musikabteilung der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin. Wolf war ein bedeutender Forscher auf dem Gebiet der mittelalterlichen Musiktheorie und Notationskunde.
 
Werke: Geschichte der Mensural-Notation von 1250-1460 (1904); Handbuch der Notationskunde, 2 Bände (1913-19); Geschichte der Musik in allegemeinverständlicher Form, 2 Bände (1925-29).
 
 11) Konrad, Filmregisseur, * Hechingen 20. 10. 1925, ✝ Berlin (Ost) 7. 3. 1982, Sohn von 7) und Bruder von 12); studierte 1949-54 an der Staatlichen Filmakademie in Moskau Regie, drehte ab 1955 in der DDR Filme, häufig mit zeithistorischer Thematik. Wolf war seit 1965 Präsident der Akademie der Künste in Berlin (Ost).
 
Filme: Genesung (1956); Lissy (1957); Sonnensucher (entstanden 1957/58, aufgeführt 1972); Sterne (1959); Professor Mamlock (1961); Der geteilte Himmel (1964); Ich war neunzehn (1968); Goya (1971); Der nackte Mann auf dem Sportplatz (1974); Mama, ich lebe (1977); Solo Sunny (1980); Busch singt (6 Teile, 1982).
 
Literatur:
 
K. W. 1925-1982, hg. v. R. Koschnitzki (1985);
 
K. W., Selbstzeugnisse, Fotos, Dokumente, hg. v. B. Köppe (1985);
 
K. W. im Dialog, hg. v. D. Heinze u. a. (Berlin-Ost 1985).
 
 12) Markus, Generaloberst (seit 1980) und Geheimdienstchef der DDR, * Hechingen 19. 1. 1923, Sohn von 7) und Bruder von 11); Mitglied der KPD, lebte 1934-45 in der UdSSR, kam 1945 mit der »Gruppe Ulbricht« nach Berlin (ab 1946 Mitglied der SED). Mit Aufbau und Leitung eines Auslandsspionageapparates beauftragt (1952), war er innerhalb der Stasi 1958-86 Leiter der dafür zuständigen »Hauptverwaltung Aufklärung« (HVA; ab 1960 im Rang des Stellvertretenden des Ministers für Staatssicherheit). Nach seinem Rücktritt (September 1986) wurde er mit seinem Buch »Die Troika« (1989; u. a. über seinen Bruder Konrad) bekannt. - Dem am 3. 10. 1990 erlassenen Haftbefehl wegen Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland entzog er sich durch Flucht in die UdSSR, stellte sich aber im September 1991 den deutschen Behörden. Die Verurteilung u. a. wegen Landesverrats zu sechs Jahren Haft (Dezember 1993) wurde vom Bundesgerichtshof nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 1995 aufgehoben. Im Mai 1997 wurde Wolf wegen Freiheitsberaubung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
 
 
 13) Max (Maximilian), Astronom, * Heidelberg 21. 6. 1863, ✝ ebenda 3. 10. 1932; ab 1893 Professor in Heidelberg, ab 1909 Direktor der Landessternwarte auf dem Königstuhl. Wolf war wesentlich an der Einführung der fotografischen Beobachtungsmethode in der Astronomie beteiligt. Er verwendete u. a. kurzbrennweitige Objektive zur Himmelsfotografie und entdeckte zahlreiche Planetoiden, einige Kometen sowie Sterne mit großer Eigenbewegung, zu deren Auffinden er erstmals einen Stereokomparator benutzte; ferner lieferte er Arbeiten über Stellarstatistik und Dunkelwolken.
 
 14) Ror, eigentlich Richard Wolf, Pseudonym Raoul Tranchirer, Schriftsteller, * Saalfeld/Saale 29. 6. 1932; lebt seit 1953 in der Bundesrepublik Deutschland; 1961-63 Rundfunkredakteur, seither freier Schriftsteller; wurde bekannt durch den experimentellen Roman »Fortsetzung des Berichts« (1964); Verfasser fantasievoll-fabulierender sprachspielerischer Texte (»Pilzer und Pelzer«, 1967; »Nachrichten aus der bewohnten Welt«, 1991), die Gewohntes verfremden und alltäglichen Denk- und Verhaltensmuster aufzubrechen suchen. Diese Methode beherrscht auch die »Enzyklopädie« des Raoul Tranchirer: das mehrbändige Hauptwerk Wolfs versammelt in alphabetischer Ordnung eine skurrile Mischung aus Texten historischer Lexika, Anekdoten, Welterklärungen des Autors und Collagen (u. a. »Raoul Tranchirers großer Ratschläger für alle Fälle der Welt», 1983; »Raoul Tranchirers Mitteilungen an Ratlose«, 1988; »Tranchirers letzte Gedanken über die Vermehrung der Lust und des Schreckens«, 1994). 1988 erhielt er den Hörspielpreis der Kriegsblinden.
 
Weitere Werke: Lyrik: mein famili (1968, erweitert 1971).
 
Prosa: Punkt ist Punkt (1971, erweitert 1982 unter dem Titel Das nächste Spiel ist immer das schwerste); Die Gefährlichkeit der großen Ebene (1976); Mehrere Männer. 82 ziemlich kurze Geschichten, 12 Collagen und eine längere Reise (1987); Raoul Tranchirers Welt- und Wirklichkeitslehre aus dem Reich des Fleisches, der Erde, der Luft, des Wassers und der Gefühle (1990); Raoul Tranchirers vielseitiger großer Ratschläger für alle Fälle der Welt (1999).
 
Hörspiele: Dr. Q. Hörspiel-Trilogie (1976).
 
Literatur:
 
Anfang & vorläufiges Ende. Ansichten über den Schriftsteller R. W., Beitrr. v. L. Baier u. a. (1997).
 
 15) Rudolf, schweizerischer Astronom, * Fällanden (bei Zürich) 7. 7. 1816, ✝ Zürich 6. 12. 1893; ab 1847 Direktor der Sternwarte in Bern, ab 1855 Professor in Zürich und ab 1864 Direktor der dortigen Sternwarte. Wolf befasste sich v. a. mit der Statistik der Sonnenflecken und führte den Begriff der Sonnenfleckenrelativzahl ein; er entdeckte 1852 den Zusammenhang zwischen der Sonnenfleckenhäufigkeit und den Schwankungen des Erdmagnetismus.

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Wọlf, der; -[e]s, Wọ̈lfe [mhd., ahd. wolf, wahrsch. eigtl. = der Reißer; 2, 3: nach dem reißenden, gierig fressenden Tier]: 1. (in Wäldern u. Steppen der nördlichen Halbkugel vorkommendes) einem Schäferhund ähnliches, häufig in Rudeln lebendes Raubtier: ein Rudel Wölfe; die Wölfe heulen; er war hungrig wie ein W. (ugs.; hatte großen Hunger); R der W. in der Fabel (↑Lupus in fabula); *ein W. im Schafspelz/(auch:) Schafsfell/(auch:) Schafskleid sein (sich harmlos geben, freundlich tun, aber dabei böse Absichten hegen u. sehr gefährlich sein; nach Matth. 7, 15); mit den Wölfen heulen (ugs.; sich aus Opportunismus u. wider besseres Wissen dem Reden od. Tun anderer anschließen); unter die Wölfe geraten [sein] (brutal behandelt, ausgebeutet werden). 2. a) (ugs.) kurz für ↑Fleischwolf: etw. durch den W. drehen; sie fühlten sich wie durch den W. gedreht (ganz zerschlagen, zermürbt); *jmdn. durch den W. drehen (salopp; jmdm. hart zusetzen): wer sich daran erinnert, wie der ... Bundesinnenminister ... noch vor einem Jahr vor und vom gleichen Publikum durch den W. gedreht wurde, kann ermessen, was sich in diesem Jahr verändert hat (Rheinischer Merkur 2. 2. 85, 31); b) (ugs.) kurz für ↑Reißwolf: alte Akten im W. vernichten. 3. <o. Pl.> (volkst.) kurz für ↑Hautwolf (2): der W. war sehr schmerzhaft, lästig, hinderlich; sich einen W. laufen (sich durch langes Laufen einen Hautwolf zuziehen); Ü sich einen W. reden (salopp; lange [vergeblich] auf jmdn. einreden [u. dabei heiser werden]); Wir spielen uns hier 'nen W. (salopp; spielen uns nach Leibeskräften bemühend) vor einem Rudel sich amüsierender Menschen (Gong 48, 1990, 16).

Universal-Lexikon. 2012.